Die Nachfrage nach Steuerversicherungen wächst, da sie Unternehmen vor ungewissen Steuerbelastungen schützen. Im komplexen Steuerrecht bieten sie Flexibilität und Sicherheit, wenn Rechtsunsicherheiten bestehen oder verbindliche Auskünfte nicht ausreichen.

Steuerversicherungen bieten Flexibilität und Sicherheit, wenn Rechtsunsicherheiten bestehen oder verbindliche Auskünfte nicht ausreichen.
In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach Steuerversicherungen in Deutschland deutlich gestiegen. Dies liegt vor allem an der Komplexität unseres Steuerrechts, das im unternehmerischen Alltag immer wieder zu Unsicherheiten führt. Unternehmen sind in der Praxis oft mit unklaren Steuerfragen konfrontiert, bei denen selbst Menschen mit Fachexpertise keine endgültigen Antworten geben können.
Ob es um die genaue Höhe der Steuerbelastung, die Anwendbarkeit von Steuervergünstigungen oder die Gestaltungsmöglichkeiten in steuerrechtlichen Grauzonen geht – häufig bleibt ein Rechtsrisiko bestehen. Eine Steuerversicherung bietet in solchen Fällen eine Lösung, indem sie mögliche negative Steuereffekte auf den Versicherer auslagert.
Verbindliche Auskunft versus Steuerversicherung
Ein in der Vergangenheit übliches Instrument zur Klärung von Steuerfragen ist die verbindliche Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO. Allerdings zeigt sich hier eine entscheidende Schwäche: Die sehr strenge Korrelation zwischen der verbindlichen Auskunft und dem im Antrag zugrunde gelegten Sachverhalt. Ändert sich der zugrundeliegende Sachverhalt nach Erteilung der verbindlichen Auskunft wesentlich, verliert die Auskunft ihre Gültigkeit. Im Gegensatz dazu können bei einer Steuerversicherung sogar nach Start des Underwriting-Prozesses neue Umstände berücksichtigt werden, ohne dass der Versicherungsschutz erlischt.
Zudem erfordert das Einholen einer verbindlichen Auskunft oft viel Zeit und Geduld. Bearbeitungszeiten von mehreren Monaten sind bei den Finanzbehörden keine Seltenheit. Hinzu kommen Kosten, die auch im Falle einer Ablehnung aus formalen Gründen entstehen können. Diese richten sich nach dem Gegenstandswert und können durchaus beträchtlich sein. Im Vergleich dazu umfasst der Prämiensatz einer Steuerversicherung üblicherweise zwischen 2 und 6 Prozent des zu versichernden Risikos.
Auch in puncto Schutzumfang ist die Steuerversicherung der verbindlichen Auskunft überlegen. Sie deckt nicht nur das Steuerrisiko ab, sondern auch zusätzliche Kosten wie Zinsen, Rechtsverteidigung und einen „Tax-Gross-up“ – gemeint ist damit der Betrag, der Steuern auf die ausgezahlte Versicherungsleistung selbst ausgleicht. Selbst wenn gegen einen Steuerbescheid Einspruch eingelegt wird, bleibt die Forderung bestehen und muss vorerst gezahlt werden. Eine Steuerpolice übernimmt auch diese Vorauszahlung.
Ein weiterer Vorteil der Steuerversicherung ist die Vertraulichkeit. Während eine verbindliche Auskunft die Finanzbehörden auf das Steuerrisiko aufmerksam machen kann, bleibt die Existenz einer Steuerversicherung streng vertraulich.
Ein Vergleich zwischen der verbindlichen Auskunft und einer Steuerversicherung im Überblick.
Steuerversicherungen: Vielfältig einsetzbar
Steuerversicherungen kommen in verschiedenen Kontexten zum Einsatz, sowohl bei identifizierten Risiken im Rahmen von Transaktionen als auch als eigenständige Lösung. Im Transaktionsumfeld geht es häufig um Risiken wie Haftungsfragen gemäß § 75 AO bei Asset Deals, die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, sowie Grunderwerbsteuer- und Verrechnungspreisrisiken.
Darüber hinaus können Steuerrisiken auch bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen nach dem Umwandlungsgesetz oder im Rahmen von Sanierungsverfahren relevant werden, etwa bei der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen. Letztlich handelt es sich bei der Versicherbarkeit von Steuerrisiken um Einzelfallentscheidungen.
Voraussetzungen für den Versicherungsschutz
Eine Steuerversicherung wird in der Regel für größere Risiken abgeschlossen, die einen potenziellen Schaden von mindestens einer Million Euro übersteigen. Eine präzise Quantifizierung des Risikos ist daher Voraussetzung. Ebenso ist eine von einer externen, professionellen Beratung erstellte Tax Opinion erforderlich. Diese sollte den zugrundeliegenden Sachverhalt detailliert beschreiben. Da der Versicherer bei der Bearbeitung oft mit komplexen Sachverhalten konfrontiert wird, ist eine klare und verständliche Darstellung entscheidend. Zudem sollte die Tax Opinion eine Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Steuerrisikos enthalten. Je geringer das Risiko eingeschätzt wird, desto höher sind die Chancen auf eine Versicherungslösung.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Tax Opinion ist die rechtliche Verteidigungsstrategie gegen die Finanzverwaltung in einem potenziellen Streitfall. Eine sorgfältig ausgearbeitete Argumentation kann dem Versicherer den nötigen Komfort geben, das Steuerrisiko zu versichern und eine angemessene Prämie festzulegen. Umgekehrt sind reine Aufgriffsrisiken, bei denen eine rechtliche Verteidigung keine überwiegende Erfolgsaussicht bietet, nicht versicherbar.
Zukunftsorientierte Absicherung
Die Steuerversicherung ist eine effiziente Alternative zur verbindlichen Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO. Sie bietet mehr Flexibilität und kann innerhalb kürzester Zeit umgesetzt werden. Die wachsende Nachfrage hat zu einem zunehmenden Angebot von Versicherern geführt, die Steuerrisiken zeichnen, was auch die Bandbreite versicherbarer Risiken erweitert hat. Ein erfahrener Versicherungsmakler kann diese Marktvielfalt nutzen, um für den Versicherungsnehmer die bestmögliche Absicherung zu verhandeln.
Jan Wehkamp
Jan Wehkamp ist Koautor des Beitrags. Der Volljurist und Certified M&A-Professional ist Co-Head für M&A Services bei der Funk Gruppe und berät Kunden ganzheitlich zu Versicherbarkeit von Risiken im Rahmen von M&A-Transaktionen. Er war zuvor in der Otto-Gruppe tätig.
Der Beitrag ist Teil des Jahrbuchs 2024/25 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier direkt herunterladen.