Status der KI-Nutzung durch Banken im DACH-Raum

KI-Banking-Radar des Business Engineering Institute St. Gallen

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Die Finanzindustrie beginnt durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz einen tiefgreifenden Wandel zu durchlaufen. Ein neues KI-Radar analysiert systematisch KI-Anwendungsfälle der Banken im deutschsprachigen Raum auf Basis öffentlich verfügbarer Daten.

Einsatz Künstlicher Intelligenz bei Banken in der DACH-Region

Analyse des Einsatzes Künstlicher Intelligenz bei Banken in der DACH-Region.

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Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bankwesen ist seit den 1980er Jahren zu beobachten, als KI-Programme für Steuer- und Finanzberatung genutzt wurden. In den 1990er Jahren folgten Algorithmen zur Risikomodellierung und Marktanalyse, basierend auf gelabelten Daten und maschinellem Lernen (ML). Später kamen neuronale Netze und Deep-Learning (DL)-Techniken zur Betrugserkennung und für automatisierte Dienstleistungen hinzu.

In den 2010er Jahren wurde KI auf Chatbots, Robo Advisor und personalisierte Finanzberatung ausgeweitet. Durch ML und Natural Language Processing (NLP) konnte die Kundeninteraktion und Effizienz verbessert werden.

Seit den 2020er Jahren setzt die Finanzindustrie verstärkt auf KI für Automatisierung, Datenanalyse und Compliance. Mit Deep Learning und neuronalen Netzen können komplexe Datenmengen analysiert und Prozesse optimiert werden.

KI-Banking-Radar: Methodik und Erkenntnisse

Der KI-Banking-Radar basiert auf einer systematischen Analyse von Banken in der DACH-Region. Dabei wurden die von der EZB beaufsichtigten Banken aus Deutschland (65) und Österreich (75) sowie die 15 größten Schweizer Banken auf Basis öffentlich zugänglicher Quellen im Kontext ihres KI-Einsatzes analysiert. Insgesamt wurden 61 spezifische KI-Anwendungsfälle identifiziert und in das am Business Engineering Institut St. Gallen entwickelte Bankmodell nach betroffenen Prozessen (Managementprozesse, Frontoffice, Middleoffice, Backoffice und Supportprozesse) eingeordnet.

Strukturierung der KI Use Cases auf Basis des Bankmodells

Das Bankmodell erlaubt die Strukturierung der KI-Use Cases auf Basis der zugrunde liegenden Bankprozesse.

Jeder gefundene Use Case wird weiter detailliert klassifiziert, unter anderem nach Reifegrad, eingesetzten Technologien (z.B. ML, NLP, DL), Entwicklungsansatz (intern, extern oder hybrid) und weiteren Faktoren.

Erste Version des KI-Radars

Aufgrund der ausschließlichen Verwendung öffentlich zugänglicher Informationen ist die erste Version des KI-Radars mit Vorbehalt zu betrachten. Auffällig ist, dass insbesondere im Front- und Middle-Office viele Use Cases auftauchen, während in anderen Bereichen deutlich weniger zu finden sind. Dies liegt vermutlich daran, dass in diesen Bereichen naturgemäß mehr kommuniziert wird. Kunden werden über den Einsatz von KI-basierten Chatbots informiert oder Produkte, die mit Hilfe von KI entwickelt wurden, werden offensiv präsentiert.

Gespräche mit Bankenvertretern zeigen, dass im Backoffice-Bereich viele Banken bereits KI einführen oder eingeführt haben, um beispielsweise die Abfrage von Weisungen für Mitarbeiter zu erleichtern.

KI-Radar der Banken in der DACH-Region (Status 9/2024)

KI-Use-Case Auswertung der Banken in der DACH-Region auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen

Spannende Use Cases für den Einsatz von KI

Der KI-Radar zeigt einige spannende Use Cases. Im Bereich der Steuerungsprozesse nutzt die Commerzbank GenKI (ChatGPT) zur Ableitung einer EZB-Zinsprognose.  Im Frontoffice gibt es vor allem Use Cases zur Nutzung von Chatbots, wie bei der Baloise Bank, die im E-Banking einen Bot einsetzt, der sich proaktiv bei Nutzern mit einer Hypothek meldet und eine Verlängerungsoption anbietet. Im Middle Office forscht die Deka an der Nutzung von Bert zur Analyse von Anlageentscheidungen, um die Stimmungslage in Pflichtmitteilungen von Unternehmen zu ermitteln. Konkret wird die Lesbarkeit, der Anteil von Fachbegriffen sowie das Verhältnis von Zahlen zu Wörtern mit Hilfe von NLP analysiert.

Betrachtet man die einzelnen Prozessebenen, ergibt sich folgendes Bild: Im Frontoffice liegt der Fokus auf generischen Chatbots sowie spezifischen Fragestellungen oder Zielgruppen mit über 50 Prozent LLM-Einsatz. Beispiele sind generische Chatbots, Bots im Kontext der Hypothekarofferte oder -prolongation, Twint-App, Chatbot/Suchdienst für Dritte (z.B. Journalisten, Bewerber), Avatare bis hin zur Bestellung von Auszügen via Voicebot. Im Backoffice liegt der Schwerpunkt der KI-Cases bei Kreditprüfungen, ESG-Reportings und Optimierungen der Kundenansprache mit weniger als 10 Prozent LLM-Einsatz. Im Middleoffice sehen wir Schwerpunkte in den Bereichen Marktprognosen, Berichtserstellung und Risikomanagement. Hier werden LLMs in mehr als 10 Prozent der Anwendungsfälle eingesetzt. Use Cases umfassen die Prognose von Marktentwicklungen, die Erstellung von fundamentalen Finanzanalysen, Programmierung, Corporate Governance (Risikoerkennung) sowie die Erkennung von Insiderhandel und die Optimierung von Prozessen. Bei den Support-Prozessen sehen wir eine Vielzahl von Anwendungskonstellationen, wobei mehr als 20 Prozent der Use Cases LLMs nutzen. Anwendungen finden sich in den Bereichen Marketing, Spesenmanagement & interner Avatar, Cloud Migration, Transformation, Cyberangriffe/Betrugsprozesse sowie im Kontext der Verbesserung von IT & datengetriebenem Business.

Weiterentwicklung des KI-Radars

Der KI-Radar wird kontinuierlich weiterentwickelt. Aufgrund des bisherigen Fokus auf öffentlich zugängliche Informationen werden im nächsten Schritt die Partner des Competence Center Future Financial Services (15 Banken und Anbieter aus der DACH-Region) zu ihrem KI-Einsatz detailliert befragt. Zudem wird der Fokus auf Banken aus dem Euroraum erweitert, um weitere innovative Use Cases zu erfassen. Ein weiterer Aspekt, der integriert wird, ist die Bewertung der Angebotsseite wie IT-Provider der Finanzindustrie, um innovative Lösungen zu berücksichtigen, möglicherweise noch bevor sie implementiert werden.

Viele Banken, denen es an Erfahrung im Umgang mit anspruchsvollerer KI mangelt, beginnen mit dem Backoffice und den Support-Prozessen und nähern sich dem Frontoffice erst, wenn ausreichende Expertise und kulturelle Bereitschaft vorhanden sind. Dadurch wird vermieden, dass mögliche Risiken, die sich aus dem Einsatz von KI ergeben, durch den Kunden erlebt werden.

Überblick zum Einsatz von KI im Banking

Das KI-Radar 2024 gibt einen Überblick, welche Bank welche KI-Use Cases für welche Prozesse umgesetzt hat. Weitere Informationen wie Art der KI, Anbieter und Anpassungsaufwand werden, soweit kommuniziert, ebenfalls erfasst. Die Potenziale von intelligenten Chatbots bis hin zu Marktanalysen sind enorm.

Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Banken jedoch nicht nur in die Technologie investieren, sondern auch in die Mitarbeiter und deren Fähigkeiten und Mindset sowie in die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen.

Über den Autor

Dr. Stefanie Auge-Dickhut

Dr. Stefanie Auge-Dickhut ist Head des CC Ecosystems des Business Engineering Institute St. Gallen. Im Rahmen der anwendungsorientierten Forschung wird für Partner aus der Finanzindustrie Modelle, Lösungen und Prototypen im Bereich Ecosystems, Digitale Transformation und Innovative Technologien im Bereich Artificial Intelligence (AI) sowie Blockchain/Distributed Ledger Technologien (DLT) entwickelt.

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