Zu kaum einer Zeit war der Grundsatz „Stillstand ist Rückschritt“ zu zutreffend wie heute. Eine Studie hat den aktuellen Stand der Transformation in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse sind ernüchternd.
Ohne grundlegende Transformation ist der Wirtschaftsstandort Deutsch¬land gefährdet.
Wirtschaftliche Megatrends wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, Nachhaltigkeit und der gesellschaftlich-demografische Wandel prägen die Weltwirtschaft und zeigen immer deutlicher ihre disruptive Wirkung. Diese Entwicklungen führen dazu, dass traditionelle Wertschöpfungsstrukturen zunehmend an Bedeutung verlieren. Dabei wirken die Megatrends nicht unabhängig voneinander, sondern sind eng miteinander verflochten und werden durch aktuelle Krisen zusätzlich beschleunigt.
Für Deutschland bedeutet dies eine mehrdimensionale Belastung, die mit einer steigenden Gefährdung der bisherigen Wettbewerbsvorteile des Standorts einhergeht. Internationale Rankings zeigen deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im globalen Vergleich kontinuierlich abnimmt. Wirtschaft und Gesellschaft stehen vor der großen Aufgabe, mehrere tiefgreifende Transformationsprozesse gleichzeitig zu bewältigen – und das in immer kürzeren Zeiträumen.
Es muss sich etwas verändern
Deutschland und seine Unternehmen müssen sich verändern, um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Darüber besteht weitgehend Einigkeit, wenngleich der einzuschlagende Weg unterschiedlich bewertet wird.
Vor diesem Hintergrund hat Kearney gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft eine breit angelegte Studie durchgeführt, um zu ermitteln, für wie notwendig deutsche Unternehmen transformatorische Prozesse halten, wie hoch ihre Ambition dabei ist, wie weit sie bereits in der Umsetzung sind, und welche Rahmenbedingungen sie dafür als notwendig erachten.
Den Ergebnissen zufolge geht nur jedes zehnte Unternehmen in Deutschland die Transformation erfolgreich an. Dabei gehen große Unternehmen voraus, kleine Unternehmen hinken hinterher. 43 Prozent der Befragten schätzen die Transformation sogar als nicht relevant ein.
Niedriger Transformation Score
Die Befragungsergebnisse wurden in einem Transformation Score zusammengefasst, der zentrale Aspekte wie Transformationsprofil, Branche, Unternehmensgröße, Führungsebene und Funktionalbereich berücksichtigt. Die Struktur des Scores orientiert sich an der sogenannten Transformation Journey, die die unternehmerischen Aktivitäten in drei Phasen gliedert: „Erkennen der Transformationsnotwendigkeit“, „Entwicklung von Transformationsambitionen“ und „Realisierung des Fortschritts durch konkrete Projekte“. Der Transformation Score wurde als gewichteter Mittelwert dieser drei Dimensionen berechnet.
Für die befragten Unternehmen in Deutschland liegt der Transformation Score 2024 bei 0,35 auf einer Skala von 0 bis 1 und bleibt damit relativ niedrig. Finanzdienstleister erreichten mit einem Wert von 0,35 exakt den Durchschnitt und positionieren sich im Mittelfeld der untersuchten Sektoren.
Der niedrige Score signalisiert eine geringe Ausprägung in den Bereichen Transformationsnotwendigkeit, Ambition und Umsetzungsfortschritt. Ergänzend bewerten die Unternehmen die Transformationsaktivitäten am Wirtschaftsstandort Deutschland kritisch und geben ihnen insgesamt die Note „ausreichend“.
Wirtschaftliches Potenzial wird nicht ausschöpft
Die Transformation innerhalb der eigenen Branchen wird nur marginal besser bewertet und erhält die Note „befriedigend“. Besonders hervorgehoben wurde, dass Deutschland im internationalen Transformationswettbewerb, insbesondere gegenüber China, zunehmend an Boden verliert.
Positiv fällt jedoch auf, dass transformationsorientierte Unternehmen nachweislich erfolgreicher sind, mit einem stärkeren Wachstum bei Umsatz und Mitarbeiterzahlen. Der niedrige Transformationsscore von 0,35 verdeutlicht jedoch, dass Deutschland sein wirtschaftliches Potenzial bislang nur unzureichend ausschöpft.
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