Die Bundespolitik steht vor Veränderung: Unabhängig von der neuen Regierung warten zahlreiche notwendige und vorgeschlagene Maßnahmen auf ihre Umsetzung, um den Finanzplatz Deutschland weiterzuentwickeln und seine Wettbewerbsfähigkeit im Jahr 2025 zu sichern.

Perspektiven für Auslandsbanken im Jahr 2025: Internationale Banken drängen auf Reformen und Fokus auf die „Game Changer“.
Viele Indikatoren für den Zustand der deutschen Unternehmen und die Leistung der deutschen Wirtschaft zeigen derzeit eine erhebliche Schwäche im Vergleich zu anderen führenden Industrienationen – und es ist keine Trendwende in Sicht. Dafür gibt es viele externe Gründe (z.B. hohe Energiekosten), aber auch viele selbstverantwortete Gründe, wie politische oder administrative Entscheidungen. Diese stellen sich nicht nur als falsche Weichenstellungen, sondern auch als Unterlassen dar, das sich als versäumte, zu späte, zu mutlose auf den kleinsten politischen Nenner gebrachte „Reförmchen“ präsentiert oder als ein Regulierungsdickicht, das die Betroffenen nur noch frustriert.
Aus Sicht internationaler in Deutschland tätiger Banken sind vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl und einer sich in Kürze neuformierenden Bundesregierung jetzt die Pflöcke einzuschlagen, die für eine echte Trendwende notwendig sind. Und dafür braucht es den Fokus auf die „game changer“-Maßnahmen. Berlin muss sein Augenmerk stärker auf die Rolle, die der Finanzplatz Deutschland und die Finanzregulierung für die Wirtschaft in Deutschland bereits spielen, und die noch wesentlich größere Rolle, die sie spielen können, richten.
Die anstehende Transformation unserer Wirtschaft braucht Kapital – und der Investitionsbedarf ist enorm. Um Marktchancen auszunutzen, Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischem Wandel zu bewältigen und den Fortschritt durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz mitzugestalten, werden Unternehmen in Deutschland und Europa in den kommenden Jahren massive Investitionen stemmen müssen. Dafür muss der deutsche Finanzmarkt gestärkt und der europäische vertieft werden. Denn ohne leistungsstarke Kapitalmärkte, private Geldgeber und institutionelle professionelle Anleger lässt sich der Wandel nicht finanzieren. Die Banken als eine Schlüsselindustrie stehen bereit, ihren Teil dazu beizutragen.
Mehr Kapital für Deutschland mobilisieren
Der Finanzplatz Deutschland steht im internationalen Wettbewerb gut, aber noch nicht so hervorragend dar, wie es der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Deutschlands entspricht. Zahlreiche internationale Banken und Finanzinstitute haben sich in den letzten Jahren für Frankfurt am Main als neuen Standort in Kontinentaleuropa entschieden. Und verstärkt sind auch die Städte Berlin, München, Hamburg oder Düsseldorf Heimat von Instituten, die den deutschen Bankenmarkt wettbewerbsintensiv und damit effizient machen.
Jedoch schneidet Deutschland bei der Ansiedlung von Kapitalgebern und der Gewinnung von privaten Investoren schlechter ab als der internationale Wettbewerb. Stattdessen wandert deutsches Geld verstärkt ins Ausland. Heute arbeiten die Fondsindustrie und andere institutionelle Kunden lieber aus Luxemburg, Dublin oder Amsterdam. Dabei verfügt gerade Deutschland als global führender Industrie- und Hochtechnologiestandort über ein großes Wachstums- und Innovationspotenzial. Um mehr Kapital in und für Deutschland zu mobilisieren und anstehende Zukunftsinvestitionen stemmen zu können, braucht es daher Veränderungen: steuerlicher, arbeitsrechtlicher, aufsichtsrechtlicher und auch kommunikativer Natur.
Deutschland als Standort für Aktienhandel etablieren
Große Banken in Deutschland betreiben ihren Aktienhandel mittlerweile in der Regel von ausländischen Börsenplätzen aus. Daran hat auch der Brexit nichts geändert. Und aus internationaler Perspektive hat der deutsche Kapitalmarkt immer noch geringe Bedeutung. Wer Geschäft in die EU transferieren oder Wachstum finanzieren will, bevorzugt die US-Börsen, nicht aber den deutschen Kapitalmarkt. Für eine notwendige Neuausrichtung sind das deutsche Aktienrecht und die Kapitalertragsbesteuerung von zentraler Bedeutung.
Mit einem vereinfachten Rahmen für börsennotierte Unternehmen könnten z.B. Hauptversammlungen kosteneffizienter, schneller und rechtssicherer abgehalten werden. Auch klare und praktikable Regelungen zur steuerlichen Zuordnung von Dividendeneinkünften und zur Vermeidung von Doppelbesteuerung durch Kapitalertrags- bzw. Quellensteuern sind unerlässlich. Die Abschaffung der Kapitalertragsteuer für gewerbliche Anleger und die Einführung eines effizienten Systems zur Anrechnung von ausländischen Quellensteuern wären für die Wettbewerbsfähigkeit der Marktakteure ein zentraler Aspekt bei der Standortwahl.
Kapitalmarktbasierte Alterssicherung mit Doppeleffekt
Ein zweiter Ansatzpunkt ist die Einführung der kapitalmarktbasierten Altersvorsorge, die einen doppelten positiven Effekt hat: einerseits wird die Rente gestärkt und die Berechtigten können von der langfristig positiven Entwicklung der Wirtschaft profitieren, andererseits wird die deutsche Wirtschaft durch vermehrte Kapitalmarktfinanzierung dynamisiert, da mehr Geld für die Finanzierung von Innovationen über die Kapitalmärkte zur Verfügung steht.
Vielversprechend sind hier die bereits unter der Ampelregierung entwickelten Lösungen für den Aufbau privater Altersvorsorgedepots in der 3. Säule der Altersvorsorge, die auch ohne Beitragserhaltungsgarantie investiert werden können. Eine steuerliche Förderung nach internationalen Vorbildern (u.a. Schweden, USA, UK, Frankreich) ist dabei so zu bemessen, das über die Zeit tatsächlich erhebliche Volumina an privatem Vorsorgekapital generiert werden, die mit Hilfe des professionellen Managements institutioneller Anbieter den deutschen Kapitalmarkt in eine neue Größenordnung bringen. In der 2. Säule der betrieblichen Altersvorsorge sind Strukturen zu optimieren, in denen die Anlagen steuerfrei anwachsen können, aber auch den Wechsel der Arbeitgeber ermöglichen und Portabilität bieten, um Fachkräfte ohne Nachteil für ihre Altersvorsorge dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Dies sichert die Innovationskraft, das wirtschaftliche Wachstum und letztlich auch die Zahl der Arbeitsplätze.
Arbeits- und Steuerrecht entbürokratisieren
Für die Standortentscheidungen internationaler Banken und Finanzinstitute spielen auch das steuerliche Umfeld, das Arbeitsrecht, die oft als zu wenig risikoorientiert empfundene Aufsichtspraxis sowie die Kommunikation der Bankenaufseher eine Rolle. Ende 2024 sind dankenswerterweise noch zwei wesentliche „Hygienefaktoren“ beschlossen worden: die Streichung der Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften sowie Totalverlusten und der Verzicht auf die vorgesehene Einführung der Anzeigepflichten von nationalen Steuergestaltungen. Andere Maßnahmen mit positivem Potential sind bereits in (Gesetzes-)Vorschlägen vorbereitet, müssen aber zügig durch die neue Bundesregierung umgesetzt werden, wie z.B. die Umsatzsteuerfreiheit von Konsortialführergebühren oder die steuerliche Abziehbarkeit der Bankenabgabe als Betriebsausgabe. Vorschläge zur vollständigen Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutschen Unternehmenssteuern oder zur Abzugsfähigkeit von Kosten für die Integration von ausländischen Fachkräften sind noch nicht aufgegriffen worden, aber ebenfalls dringend. Dies gilt ebenso für vorgeschlagene Maßnahmen zur Arbeitszeitflexibilisierung. Das Arbeitszeitenrecht muss der Realität der Arbeitswelt angepasst werden. Heute geht es oft um hochqualifizierte Projekte und Zusammenarbeit über Zeitzonen hinweg, die nicht in dem heutigen engen Arbeitszeitenkorsett erledigt werden können. Diese Botschaft muss in Berlin ankommen: Arbeitnehmerschutz kann auch bei flexibleren Arbeitszeit- und Arbeitnehmerüberlassungsmodellen gewährleistet werden.
Mehr Pragmatismus beim Thema Bankregulierung
Der Grundgedanke im Aufsichtsrecht, für jede Bank das richtige Maß an Anforderungen zu stellen, ist im Jahr 2024 mit den jüngsten Plänen der BaFin für Erleichterungen für kleine und nicht-komplexe Institute bereits einen guten Schritt vorangekommen. Es fehlt aber noch, dass z.B. auch viele internationale in Deutschland tätige Institute in gleichem Maße von den Erleichterungen profitieren können, die z.B. für kleine Volks- und Raiffeisenbanken bereits vorgesehen sind. Hier ist das level-playing field als Grundlage für den Wettbewerb herzustellen.
Der europäische Rahmen für Banken und Finanzmärkte ist dabei bereits weitgehend vereinheitlicht und eröffnet einen großen Binnenmarkt. Für international tätige Banken ist es daher umso wichtiger, dass nicht einzelne Staaten bzw. Behörden für sich in Anspruch nehmen, eigene nationale Regelungen hinzuzufügen, um die Organisation und Infrastruktur in einer internationalen Bank zumindest in der EU einheitlich verwenden zu können. Die Markzugangsregelungen sind dabei ein wichtiger Faktor, weshalb eine grundsätzliche 1:1-Umsetzung z.B. der CRD VI-Richtline so wichtig ist. Deutschland sollte – wie das auch von anderen EU-Mitgliedstaaten zu erwarten ist – die Freiräume dieser Richtlinie für sich nutzen und zugleich darauf achten, dass die nicht von der Richtlinie betroffenen Geschäftsmodelle unangetastet bleiben. Und schon bestehende Niederlassungen, Geschäfte und Geschäftsverbindungen sollten nicht mehr als notwendig angetastet werden. Der Finanzplatz Deutschland kann es sich nicht leisten, bestehende Vorzüge aufzugeben oder Geschäft aktiv zu vernichten!
Sichtbare Finanzpolitik
Die notwendigen Maßnahmen sind als Teil eines Gesamtkonzepts zu begreifen. Die Bundesregierung muss auch im Ausland sichtbare Finanzpolitik machen, d.h. gemeinsam mit den Vertretern deutscher und internationaler Banken in Deutschland einen mittel- bis langfristigen Entwicklungsplan für den Finanzplatz Deutschland erarbeiten damit es zu einer fundamentalen Verbesserung der Wahrnehmung und damit der Entwicklung des deutschen Finanz- und Kapitalmarkts kommen kann.
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