Sieben Erfolgsfaktoren für die KI-Adoption in Banken

Vom Piloten zum KI-Betriebsmodell

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Wer generative KI ganzheitlich integrieren will, braucht mehr als die Technologie. Die KI-Adoption sollte als Teil eines umfassenden Transformationsprozesses verstanden werden. Dies bedarf einer fundierten Strategie und iterativem Vorgehen.

Erfolgsfaktoren für die Einführung Künstlicher Intelligenz in Banken

Wie Künstliche Intelligenz im Banking erfolgreich eingeführt werden kann.

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Vor kurzem haben wir mit den verschiedenen Entwicklungsszenarien für Künstliche Intelligenz gezeigt, dass generative KI keine Allzwecklösung ist. In Zeiten des Wettbewerbs um Talente, steigender Kundenerwartungen und des Drucks auf der Regulatorik- und Kostenseite kann sie aber zu einer zentralen strategischen Säule in der digitalen Transformation für Banken werden.

Für viele Bankvorstände und Führungskräfte stellt sich demnach nicht mehr die Frage nach dem ob, sondern wie KI sicher, wirksam und verantwortungsvoll im Unternehmen genutzt und implementiert werden kann. Insbesondere in einem stark regulierten Umfeld wie der Finanzbranche keine triviale Aufgabe: Innovation und Effizienz, aber im Einklang mit Regulatorik, Sicherheit und Unternehmenskultur.

Voraussetzungen für die KI-Nutzung schaffen

Um diesen Balanceakt zu meistern, braucht es eine klare Verbindung zwischen strategischer Vision und operativer Umsetzung. Die Einführung von generativer KI sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern in einem ganzheitlichen Transformationsprozess eingebunden sein. Dafür müssen zunächst die Voraussetzungen auf technologischer, regulatorischer und kultureller Ebene geschaffen werden.

Sicheres Daten- und Technologie-Fundament

Ohne eine belastbare Datenbasis bleibt jede KI-Initiative hinter ihren Möglichkeiten zurück. Fragmentierte Datenstrukturen sind in vielen Instituten die größte Hürde. Eine leistungsfähige IT-Infrastruktur ist dabei ebenso elementar wie eine klare Data-Governance-Strategie zur Sicherstellung der Datenqualität. Die Wahl zwischen On-Premise-, Cloud- oder Hybrid-Lösungen sollte sich an den individuellen Geschäfts- und Compliance-Anforderungen orientieren. Architekturentscheidungen sollten auf langfristige Skalierung und Integration ausgelegt sein.

Regulatorik als Enabler

Mit dem im August 2024 in Kraft getretenen EU AI Act wurde der regulatorische Rahmen für die KI-Adoption gesteckt. Damit setzt die EU klare Leitplanken, wie KI in der Finanzbranche entwickelt und eingesetzt wird. Der risikobasierte Ansatz stellt strenge Anforderungen an Transparenz, Fairness und Datenschutz. So mussten Unternehmen unter anderem bis Februar 2025 KI-Anwendungen mit einem inakzeptablen Risiko abschalten. Für Banken bedeutet das: Aufbau klarer Governance-Strukturen, frühzeitige Einbindung von Compliance und Informationssicherheit sowie laufende Schulungen der Mitarbeitenden über die potenziellen Risiken und sicheren Einsatzmöglichkeiten ihrer KI-Systeme.

Diese Anforderungen können als Hürde wahrgenommen werden, bieten aber auch eine Chance: Sie können das Vertrauen von Kunden, Mitarbeiter und Aufsichtsbehörden stärken und damit die Grundlage für eine reibungslose und regelkonforme KI-Nutzung im Unternehmen schaffen.

Kultureller Wandel durch Leadership

Technologie scheitert, wenn der Mensch nicht mitgenommen wird. Die Vorteile müssen erkannt, Vorbehalte – etwa vor Arbeitsplatzverlust – ernst genommen und durch transparente Kommunikation, Qualifikation und gelebten Wissensaustausch abgebaut werden. Mitarbeitende sollten die neue Technologie als Werkzeug verstehen – ein intelligentes System, dass ihnen Wissen schnell und einfach zugänglich macht, Routinearbeit abnimmt und Freiraum für Wertschöpfung schafft. Mensch und Maschine stehen hier nicht in Konkurrenz, sondern bilden eine Symbiose und treten in einen Dialog miteinander.

Diese neue Art des Arbeitens erfordert aber auch mehr kritisches, analytisches Denken und digitale Souveränität. Es braucht mehr denn je eine Kultur des Lernens und Scheiterns. Der Schlüssel liegt in einer Führungskultur, die Vertrauen schafft, essentielle Kompetenzen fördert und vor allem mit gutem Beispiel vorangeht.

Der Vier-Phasen-Ansatz zur KI-Adoption

Diese Anforderungen zeigen, dass die Einführung von generativer KI mit einem „Big Bang“-Ansatz weder praktikabel noch nachhaltig ist. Dennoch ist entscheidend, dass Banken nicht abwarten, sondern erlebbare Pilotprojekte umsetzen, um Erfahrungen zu sammeln und die Technologie zu verstehen. Da sich viele Anwendungen noch in der Entwicklungsphase befinden und die Erwartungen hoch sind, sollten Ziele realistisch gesetzt und ein iterativer Ansatz gewählt werden.

Die vier Phasen der KI-Adoption in Banken

Für eine erfolgreiche ganzheitliche Einführung von Generativer KI im Unternehmen empfiehlt sich ein iteratives Vorgehen.

1. Phase: KI-Exploration: Von der Idee zum ersten Anwendungsfall

Im ersten Schritt der Exploration geht es darum, ein tieferes Verständnis für die Einsatzmöglichkeiten der Technologie zu erlangen, die auch einen direkten geschäftlichen Nutzen haben. Gespräche mit Technologiepartnern können helfen, einen Überblick über die am Markt verfügbare KI-Tools und deren Potenziale zu gewinnen. Workshops mit Fachbereichen und der Aufbau eines interdisziplinären Netzwerks digital affiner Mitarbeiter („Digital Community“) ermöglichen es nicht nur, relevante Anwendungsfälle frühzeitig und praxisnah zu identifizieren, sondern sichern auch Akzeptanz und Qualität der Ideen.

Mit Hilfe einer Business Impact Matrix, die den geschäftlichen Mehrwert und den technologischen Aufwand gegeneinander abwägt, können dann konkrete Szenarien für erste Pilotprojekte ausgewählt werden. Diese strategische Bewertung der Use-Cases sollte aber keinen fixen Status-Quo darstellen, sondern bedarf einer dynamischen Anpassung. So können sich die Prioritäten aufgrund neuer Erkenntnisse und Daten sowie Risikobewertungen ändern. Die in dieser Phase gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die weiteren Schritte der KI-Einführung.

2. Phase: Praktische Umsetzung: Proof-of-Concept und MVP-Entwicklung

In einer Proof-of-Concept-Phase wird die Machbarkeit und der Mehrwert der identifizierten Anwendungsfälle validiert und greifbar gemacht. Ein Minimum Viable Products (MVP) mit klar definierten Funktionen und Anwendungszielen soll erste Mehrwerte offenlegen, ohne aber den Anspruch einer vollständigen Lösung zu erheben. Dadurch kann Nutzer-Feedback frühzeitig integriert und die Lösungen iterativ weiterentwickelt werden.

3 Phase: Das Fundament schaffen: Aufbau der KI-Infrastruktur

Die dritte Phase zielt darauf ab, eine solide und skalierbare technologische Basis zu schaffen. Eine modulare Plattformarchitektur mit standardisierten Schnittstellen ermöglicht eine nachhaltige Weiterentwicklung. Sie ermöglicht große Datenmengen effizient zu verarbeiten, verschiedene Datenformate und -quellen zu integrieren und einen schnellen, sicheren Zugriff für KI-Modelle zu gewährleisten. Parallel sollten verbindliche KI-Richtlinien und Governance-Strukturen etabliert werden. Dabei kann die Zusammenarbeit mit externen Technologiepartnern helfen, um deren Expertise zu nutzen.

4. Phase: Den Betrieb sicherstellen: Skalierung und laufendes Monitoring

Wenn die ersten Use-Cases erfolgreich pilotiert sind und eine sichere und skalierbare KI-Infrastruktur umgesetzt wurde, ist der Grundstein für zukünftige Effizienzsteigerungen und die schrittweise Ausweitung der KI-Anwendungslandschaft gelegt. Im dauerhaften Betrieb muss nun die Skalierung, Verfügbarkeit und Aktualität der KI-Lösungen sichergestellt werden. Denn es reicht nicht aus, die KI-Systeme einmal zu implementieren – sie erfordern neben regelmäßigen Updates und einer strategischen Governance auch eine flexible Anpassung an sich verändernde Geschäftsbedingungen und fortführende Mitarbeiter-Schulungen. Nur so bleiben KI-Lösungen und deren Nutzung langfristig leistungsfähig, sicher und regulatorisch konform. Ein zentrales KI-Kompetenzzentrums kann dabei helfen, Know-how zu bündeln, Governance zu sichern und neue Anwendungsfelder zu identifizieren.

Eine virtuelle Assistenz für den Kundensupport

Bei der dwpbank haben wir erste Schritte in Richtung Evolution unternommen. Als erster relevanter Use-Case wurde im Rahmen der Evaluierungsphase die Unterstützung des Kundensupports identifiziert. Hier soll zukünftig ein KI-basierter Agent die Arbeit der Mitarbeiter erleichtern, indem Informationen aus unterschiedlichen Quellen effizient bereitgestellt und automatisierte Textvorschläge generiert werden.

Bei der Umsetzung der ersten Prototypen haben wir uns für einen Retrieval-Augmented Generation (RAG)-Ansatz entschieden, der das umfangreiche Wissen aus einem 8.000-seitigen Handbuch zugänglich macht, ohne dafür ein eigenes KI-Modell trainieren zu müssen. Dadurch konnten wir die Komplexität reduzieren und die Prototypen in einer kontrollierten Umgebung testen. RAG kombiniert die Fähigkeiten eines großen Sprachmodells mit der gezielten Wissensabfrage aus einer Datenquelle. Anstatt nur auf vordefinierte Trainingsdaten zurückzugreifen, werden relevante Informationen in Echtzeit aus internen Wissensdatenbanken oder Dokumenten abgerufen und in die KI-generierten Antworten integriert. Auf diese Weise konnten wir wertvolle Erkenntnisse über die Machbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Skalierbarkeit der Lösung gewinnen und gleichzeitig die Genauigkeit und Aktualität der Antworten verbessern. Das Feedback der Nutzer in dieser Proof-of-Concept-Phase half uns, die Lösung als MVP sukzessive an die spezifischen Bedürfnisse anzupassen.

Um höchsten Sicherheits- und Datenschutzanforderungen gerecht zu werden, wurde die Lösung in einer On-Premise-basierten Testumgebung unseres IT-Dienstleisters erprobt. Die enge Zusammenarbeit mit der Informationssicherheit und dem Datenschutz war dabei von zentraler Bedeutung.

Sieben Erfolgsfaktoren für die KI-Adoption

Für die Adoption von Künstlicher Intelligenz in Banken sind die folgenden sieben Erfolgsfaktoren maßgeblich:

1. Markt beobachten

Zunehmend etablieren sich neue KI-Anwendungen mit klarem Mehrwert am Markt. Eine kontinuierliche Marktbeobachtung hilft, den Überblick zu behalten und die richtigen Werkzeuge für den eigenen Handlungsbedarf auszuwählen.

2. Bewusstsein schaffen

Ein fundiertes Verständnis für die Potenziale und Risiken von KI ist essenziell. Die Technologie sollte nicht unkritisch, aber auch nicht übervorsichtig betrachtet werden.

3. Richtlinien etablieren

Eine enge Einbindung von Kontrollfunktionen und die frühzeitige Definition von Leitlinien sorgen für eine reibungslose und regelkonforme Implementierung.

4. Mit Augenmaß vorgehen

Die Chancen von KI lassen sich nicht in Silos realisieren. Eine schrittweise, abteilungsübergreifende Einführung stellt sicher, dass Prozesse abgestimmt sind, Fachwissen gebündelt wird und die Rahmenbedingungen für einen qualitativ hochwertigen KI-Einsatz optimiert werden. Die Etablierung von Kompetenzzentren hilft, Projekte ganzheitlich zu koordinieren.

5. Use-Case-Portfolio aufbauen

Der Aufwand von KI-Anwendungen sollten systematisch bewertet und der Mehrwert entlang einer strategischen Roadmap ausgebaut werden.

6. Solide Infrastruktur etablieren

Die erfolgreiche Nutzung von KI ist eng mit einer leistungsfähigen und skalierbaren IT-Infrastruktur verknüpft. Die Wahl zwischen On-Premise-, Cloud- oder Hybrid-Lösungen sollte sich an den individuellen Geschäfts- und Compliance-Anforderungen orientieren. Unabhängig vom gewählten Ansatz ist eine durchdachte Data-Governance-Strategie essenziell, um Datenqualität, Sicherheit und regulatorische Vorgaben langfristig einzuhalten.

7. Kommunikation als Schlüssel

Der Wissensaustausch durch regelmäßige Workshops, Schulungen und eine digitale Community fördert das Verständnis aller Beteiligten für KI und den Umgang damit.

Strategische Weitsicht als Wettbewerbsvorteil

Die Einführung generativer KI ist kein kurzfristiges IT-Projekt – sie ist ein unternehmensweiter Veränderungsprozess mit langfristiger strategischer Relevanz. Banken, die Bildung, Strategie und realen Nutzen kombinieren, können nicht nur Effizienzpotenziale heben. Sie haben einen Wettbewerbsvorteil und die Chance, die Finanzbranche mitzugestalten.


Sascha Dölker - Leiter Digitalisierung, Deutsche Wertpapierservice Bank

Sascha Dölker

Sascha Dölker ist Koautor des Beitrags. Der Diplom-Betriebswirt ist Leiter Digitalisierung bei der Deutschen WertpapierService Bank AG und verfügt über langjährige internationale Erfahrung in der Finanzbranche und war zuvor als Senior Manager für Management- und Strategieberatung bei KPMG sowie Senior Projektmanager bei der Beratung Consileon mit dem Schwerpunkt strategische Transformation tätig. Seine berufliche Laufbahn startete er als Client Relationship Manager im Firmenkundengeschäft der Commerzbank AG.

Über den Autor

Matthias Günther

Matthias Günther ist Innovationsmanager in der Abteilung Digitale Innovationen der Deutschen WertpapierService Bank AG. Der Bankkaufmann und Betriebswirt war zuvor bei der Commerzbank in verschiedenen Positionen tätig – mit Schwerpunkten in digitaler Transformation, Business Development und dem Firmenkundengeschäft. Seine Karriere startete er als Finanzberater bei der Dresdner Bank.

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