Schweizer Banken schwächeln bei der Digitalisierung

Digitale Lücken, verpasste Chancen und nötige Strategien

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Während Banken weltweit ihre digitalen Angebote konsequent ausbauen, geraten Schweizer Institute zunehmend ins Hintertreffen und drohen den digitalen Anschluss zu verlieren – und mit ihm ganze Kundengenerationen.

Schweizer Banken verlieren digital den Anschluss

Schweizer Banken fallen im globalen Digitalisierungsrennen weiter zurück.

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Innovative Services, smarte Apps und nahtlose Nutzererlebnisse setzen neue Standards – doch im Alpenland hinkt man hinterher. Die Schweizer Retailbanken verlieren im internationalen Digitalisierungsranking zunehmend an Boden. Das zeigt eine aktuelle Studie von Deloitte, die auf einer umfassenden Analyse von über 1.000 digitalen Bankfunktionen bei 349 Banken in 44 Ländern basiert. Darunter befinden sich auch 12 Schweizer Retailbanken, die zusammen mehr als 80 Prozent des nationalen Marktes abdecken.

Der digitale Rückstand hat Folgen, die längst über Komfortfragen hinausgehen. Der Digitalisierungsvergleich zeigt deutlich: Wer nicht aufholt, verliert Kunden – oft an digitale Anbieter aus dem Ausland, die flexibler, innovativer und kundenorientierter agieren.

Langfristiger Abstieg trotz hoher Marktabdeckung

Der Trend ist deutlich: Während die Schweizer Banken 2018 noch in den Top 5 vertreten waren, fielen sie über die Jahre kontinuierlich zurück – auf Platz 18 (2020), dann auf Platz 21 (2022), und nun auf Rang 27.

Mit einem digitalen Reifegrad von nur 39 Punkten liegen sie unter dem weltweiten Durchschnitt von 41 Punkten und deutlich hinter den digitalen Vorreitern, die Werte über 60 erreichen – darunter keine einzige Schweizer Bank.

Während Funktionen wie Echtzeit-Benachrichtigungen, KI-gestützte Sparhilfen und digitale Versicherungen im Ausland längst zum Standard gehören, sucht man diese Services bei vielen Schweizer Banken vergeblich. Während internationale Banken ihre digitalen Angebote mit Mobile-First-Strategien, KI-gestützter Interaktion und eingebetteten Finanzdienstleistungen stetig ausbauen, haben Schweizer Institute in diesen Bereichen kaum Fortschritte gemacht.

Digitale Kontoeröffnung: Fortschritt mit Einschränkungen

Positiv hervorzuheben ist, dass fast alle untersuchten Schweizer Banken mittlerweile eine digitale Kontoeröffnung ermöglichen – nur eine Bank hinkt hier noch hinterher. Dennoch bleibt der Prozess im internationalen Vergleich deutlich langsamer: In der Schweiz sind Wartezeiten von mehreren Stunden oder sogar Tagen keine Seltenheit.

Internationale Digitalbanken setzen längst auf KI-basierte Echtzeitprüfungen, die Kontoeröffnungen in Sekunden ermöglichen – ähnlich wie bei Apple Pay oder Google Pay. In der Schweiz sind hingegen oft noch Videoanrufe oder sogar persönliche Besuche in einer Filiale notwendig.

Mobile First? In der Schweiz eher Mobile Second

Das Smartphone hat sich in vielen Ländern als primärer Zugang zu Bankdienstleistungen etabliert. Ein Beispiel sind Echtzeit-Benachrichtigungen bei Transaktionen – international Standard, aber in der Schweiz nur bei etwa einem Drittel der Banken verfügbar.

Noch deutlicher wird der Rückstand bei intelligenten Sparfunktionen. Während KI-gestützte Algorithmen international genutzt werden, um Sparpläne automatisch an das Ausgabeverhalten der Kunden anzupassen, sind solche Lösungen in der Schweiz bislang kaum verbreitet. Der Nutzen dieser Automatisierung ist mit personalisierten Musikvorschlägen bei Streamingdiensten vergleichbar – individuell, dynamisch und datenbasiert.

Wenig Nutzerfreundlichkeit, kaum Innovation

Schweizer Mobile-Banking-Apps lassen häufig selbst Basisfunktionen vermissen, die in anderen Ländern längst zur Standardausstattung gehören. Interaktive Dashboards, personalisierte Budgetierungstools oder Echtzeit-Finanzanalysen sind in der Schweiz rar.

Digitale Vorreiter setzen dagegen auf KI, um etwa Ausgaben automatisch zu kategorisieren oder Sparvorschläge zu machen. Kundinnen und Kunden Schweizer Banken sind hingegen oft gezwungen, ihre Finanzen manuell zu verwalten – oder auf externe Anwendungen zurückzugreifen.

Zusatzservices? In der Schweiz kaum vorhanden

Innovative Digitalbanken bieten im Schnitt zweieinhalbmal so häufig Zusatzdienste an – etwa den Kauf von ÖV-Tickets, Streaming-Abos oder integrierte Tools zur Finanzplanung. Schweizer Banken schöpfen dieses Potenzial bislang kaum aus.

Besonders gravierend ist der Rückstand bei eingebetteten Versicherungen. Nur eine der untersuchten Banken bietet solche Lösungen umfassend an. Auch bei administrativen Prozessen wie Steuererklärungen, In-App-Vermögensverwaltung oder One-Click-Rechnungszahlung sind Schweizer Banken international deutlich im Hintertreffen.

Strategische Lücken und verpasste Chancen

Während digitale Vorreiter Innovationen rasch umsetzen, bremsen in der Schweiz oft regulatorische Hürden und konservative Strategien. Zudem fehlt vielerorts eine klare Mobile-First-Ausrichtung.

In anderen Ländern fungieren Mobile-Banking-Apps als zentrale Plattform für den gesamten Finanzalltag – in der Schweiz bleiben sie oft nur eine Ergänzung zum klassischen E-Banking. Statt auf intuitive Benutzerführung und personalisierte Erlebnisse zu setzen, werden einfach weitere Funktionen ergänzt – was zu unübersichtlichen, schwer nutzbaren Apps führt. Der wahre Wert einer digitalen Banking-App liegt jedoch nicht in der Anzahl ihrer Funktionen, sondern darin, wie gut sie die Bedürfnisse der Kunden im richtigen Moment erfüllt.

Wachstum bleibt aus – auch wirtschaftlich

Der digitale Rückstand wirkt sich nicht nur negativ auf die Kundenbindung aus – auch Umsatzpotenziale bleiben ungenutzt. Digitale Vorreiter erhöhen ihre Einnahmen pro Kundin oder Kunde gezielt durch intelligentes Cross-Selling und eingebettete Finanzprodukte.

Der Mangel an integrierten Versicherungen, Anlagelösungen oder Lifestyle-Diensten trägt dazu bei, dass Schweizer Banken im Wettbewerb mit internationalen Digital-Champions zurückbleiben und wichtige Wachstumschancen verpassen.

Banken müssen Plattformen werden – oder verlieren

Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen sich Schweizer Banken von reinen Zahlungs- und Kontoführungsanbietern zu digitalen Plattformen entwickeln. Nur so können sie sich als Alltagsbegleiter im Leben der Kundinnen und Kunden positionieren.

Dazu gehören integrierte Finanzmanagement-Tools, moderne Bezahlsysteme, Abo- und Buchungsdienste sowie Mobilitätslösungen. Wer diesen Wandel nicht aktiv gestaltet, riskiert, eine ganze Kundengeneration an digitale Anbieter zu verlieren – dauerhaft.

Die Studie „Digital Banking Maturity“ können Sie hier direkt herunterladen.


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Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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