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Filialbank versus Neobank – Was wollen die Kunden

Neobanken, Online-Banking und andere moderne Angebote verdrängen die klassische Bank mit ihren Filialen in jedem Ort immer mehr. Das ist im Alltag bereits deutlich spürbar – die Zahl der Bankfilialen nimmt immer mehr ab. Doch viele Kunden legen unverändert Wert auf persönlichen Kontakt.

Mobiles Online-Banking liegt im Trend

Immer mehr Kunden nutzen ihr Smartphone für das Online Banking.

Doch es gibt sie natürlich immer noch und gemessen an der Zahl der Kunden, die sie bis heute nutzen, wird das Aussterben eher langsam und schleichend voran gehen. Das hat seine Gründe, denn Filialbanken haben spezifische Eigenschaften und Vorteile, die sie deutlich von rein digitalen Banking-Angeboten abheben.

Auch, wenn besonders bei Early Adoptern diese Aspekte häufig nicht mehr hoch im Kurs stehen, heißt das nicht, dass Teile der Bevölkerung diese nicht wertschätzen. Daher sollten sich insbesondere Anbieter von Neobanking-Angeboten genau diese Aspekte anschauen, um sie vielleicht in neue Features zu integrieren oder ihren Service zu verbessern.

Der aktuelle Stand von klassischen Bankfilialen

In den letzten zehn Jahren ist die Bedeutung von alternativen Bankangeboten, die auf digitalen Technologien basieren, exponentiell gestiegen. Viele Erfolgsstorys von so genannten Neobanken, die rein auf diese Technologien setzen, sind unbekannt.

Doch eine wirkliche Verdrängung hat bisher noch nicht stattgefunden und wird auch noch etwas länger dauern. Der langsame Rückgang der Anzahl von Filialen bedeutet noch lange nicht, dass innerhalb weniger Jahre eine gesamte Industrie verschwinden wird – bei Buchläden nach der Etablierung von Amazon konnte man dies gut beobachten.

Insbesondere bei älteren Verbrauchern stehen Banken mit einer physischen Filiale noch äußerst hoch im Kurs, aber auch einige jüngere Kunden besuchen noch zumindest teilweise die Filialen ihrer Kreditinstitute.

Die Vorteile von Filialen für Verbraucher

Einige Services, die von den althergebrachten Kreditinstituten geboten werden, sind – zumindest aktuell – noch nicht von den meisten modernen Bankangeboten umsetzbar. Diese Punkte sind nicht nur bei Menschen, die diese langjährig gewohnt waren, besonders beliebt. Sie sind eindeutige Pro-Argumente, die auch zur Inspiration von Neo-Banking-Portalen dienen sollten.

  • Bargeld: Besonders in Deutschland ist die Nutzung von Bargeld im Alltag immer noch sehr wichtig. Daher sind physische Einrichtungen – und wenn es sich nur um einen öffentlichen Bankautomaten handelt – sehr wichtig. Da Selbstbedienungs-Stationen in den meisten Filialen integriert sind, kommt ihnen bis heute eine wichtige Rolle zu.
  • Beratung: Vermutlich der wichtigste Punkt, warum viele Menschen bis heute noch auch nach Erwägung beider Optionen die Filialbank bevorzugen. Gerade bei komplexeren Bankgeschäften ist eine kompetente, persönliche Beratung von Angesicht zu Angesicht sehr wichtig.
  • Vertrauen: Dies ist eher ein Problem bei älteren Kunden – den neuen Technologien wird grundsätzlich nicht getraut, weshalb stattdessen lieber auf die althergebrachten Systeme gesetzt wird. Die besondere Problematik daran: Durch dieses Vorurteil beschäftigen sich viele erst gar nicht mit den neuen Möglichkeiten, selbst, wenn sie letztendlich vorteilhaft wären.
  • Einfachheit: Sämtliche finanzielle Angelegenheiten kann man in einer Filialbank sehr einfach erledigen, da ausgebildete Bankmitarbeiter bereitstehen, um dabei zu assistieren. Somit müssen Kunden sich nicht selbst informieren oder Dinge selbst erledigen. Gerade bei finanziellen Angelegenheiten wollen offensichtlich viele keine Fehler begehen.
  • Sicherheit: Aktuell noch gibt es hin und wieder kleinere bis größere Skandale, die, wie kürzlich bei N26, das öffentliche Bild von Neobanken schädigen. Dank strengster Regulatorien fühlen sich klassische Banken noch deutlich sicherer an – ein Gefühl, dass die breite Masse anscheinend dringend benötigt, bevor sie einem Institut ihr Geld anvertraut.

Auch lässt sich in Frage stellen, ob einige der Vorteile, die modernes digitales Banking mit sich bringt, überhaupt von allen Nutzern wertgeschätzt werden. Bei der aktuellen Klientel handelt es sich hauptsächlich um junge Early Adopter, die derartige Vorteile herzlich begrüßen zu scheinen.

Filialbanken sind noch nicht überflüssig

Viele Kunden schätzen die Vorteile von digitalem Banking nicht so hoch, als dass sie dafür die Vorteile von Filialbanken hinter sich lassen würden:

  • Komfort: Neobanken, also rein digitale Direktbanken haben den großen Vorteil, dass sie sich auf die komfortable Erreichbarkeit und Bedienbarkeit via Smartphone spezialisiert haben. Für die Smartphone-Generation ist das natürlich ein Vorteil, doch wer viele Jahre lang den Gang zur Bank gewohnt war, sieht diesen als Notwendigkeit und nicht als Hindernis an. Da auch gleichzeitig der Umgang mit Bank-Transaktionen entsprechend gestaltet wird, wird dieser Vorteil kaum anerkannt.
  • Kostenersparnis: Natürlich ist es bei jedem immer willkommen, wenn niedrigere Kosten und Gebühren anfallen. Neobanken haben hier die Nase vorn, wie ein Kontovergleich auf NTV–Gutscheine zeigt. Aufgrund der großen Konkurrenzsituation auf dem Bankenmarkt ist das Betreiben gewöhnlicher Girokontos zumeist ohnehin sehr günstig und daher nur selten ein Argument für einen aufwendigen Umstieg.
  • Geschwindigkeit: Überweisung ist sofort da, man kann von überall sofort Einblicke in die eigene finanzielle Situation erhalten, ein Konto ist rasend schnell eröffnet – was Geschwindigkeit im Alltag angeht, kann Direktbanken nicht das Wasser gereicht werden. Gerade in Zeiten des E-Commerce ist das schnelle Überweisen natürlich ein sehr vorteilhaftes Feature. Doch auch hier kommt wieder die diesbezüglich nicht anspruchsvolle Erwartungshaltung einer noch großen Kundengruppe ins Spiel: Schnellere Transaktionen sind zwar nett, aber für sich alleine kein Wechselgrund.
  • Technik-Affinität: Immer am Zahn der Zeit, jede technische Innovation für mehr Komfort und Möglichkeiten im Alltag ausnutzen – das ist eine der größten Eigenschaften, die auf die meisten Kunden von Neobanken zutrifft. Doch diesen Hang zu den immer modernsten und interessantesten Lösungen in allen Aspekten des Lebens haben nun mal nicht alle Kunden.

Wie sich dies in der Zukunft mit einem demografischen Wechsel verhalten wird, lässt sich aktuell natürlich nur grob abschätzen. Die Menge an potentiellen Kunden, die auch vor dem Hintergrund der sich rasant verändernden Handelssektoren diese Vorteile schätzt, dürfte automatisch mit der Zeit zunehmen.

Omnichannel Banking als Konzept der Zukunft?

Faktisch setzen bereits alle traditionellen Banken seit mehreren Jahren auf Modelle, bei denen das Online-Banking parallel zur Nutzung von persönlichem Präsenzbanking ermöglicht wird. Möglicherweise sind derartige Hybrid-Modelle die Gestalt der Bank der Zukunft.

Beispielsweise beim Thema Bargeld wäre es ein großer Marktvorteil für eine Direktbank, wenn diese ein eigenes Netz an Geldautomaten aufbauen würde. Denn zwar ist aktuell dank der zumeist mit im Leistungsumfang enthaltenen Kreditkarte das Abheben von Geld kaum ein Problem – jedoch nur, aufgrund des dichten Netzes von Geldautomaten, das von Filialbanken aufgebaut wurde.

In vielen Fällen ist nur in bestimmten Situationen die aktive Beratung vor Ort notwendig, während die meisten restlichen Angebote recht einfach über das Internet erledigt werden können. Daher bestünde beispielsweise die Möglichkeit, dass Neobanken zusätzliche Beratungsbüros einrichten, die nur diesem Zweck dienen.

Auch bezüglich Service wurde bereits erkannt, dass es leider noch nicht ganz ohne direkte Erreichbarkeit geht – wie es N26 vor einiger Zeit einräumen musste.

Natürlich gilt es hier, das grundlegende Problem der Finanzierung dieser Angebote zu überwinden. Neobanken können günstiger sein und gegebenenfalls bessere Zinsen anbieten, eben weil die Betriebskosten niedriger liegen.

Daher müssten Wege gefunden werden, um zumindest einige Aspekte, die Kunden nach wie vor am Angebotsumfang von Filialbanken schätzen, in einem bestimmten Ausmaß auch bei modernen Onlinebanken zu ermöglichen. Das könnte sogar eines der Kriterien werden, das über das Überleben des Konzeptes der Neobanken bestimmt.

Denn die Konkurrenz schläft nicht. Die Big Player der Bankenwelt reagieren vielleicht etwas träge auf die neuen Entwicklungen – aber sie reagieren. Banking-Apps, Sofortüberweisungen, kostenlose Kreditkarten und weitere Angebote, die eigentlich die Stärken von Neobanken sind, gehören immer häufiger auch zu den Leistungen von Filialbanken dazu.

Somit hat die Bankenrevolution alleine bereits große Vorteile für Kunden, denn sie hat klassische Banken zum Handeln gezwungen. Lange waren sie augenscheinlich der Meinung „never touch a running system“ und haben so seit den 90er Jahren kaum Neuerungen zu Gunsten der Kunden gebracht, scheint diese Zeit der Stagnation nun ein Ende zu haben.

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Über den Autor

Max Meier

Max Meier ist gelernter Bankkaufmann und schreibt regelmäßig für den Bank Blog Ratgeber über Themen für Kunden von Banken und Sparkassen.

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