Praktizierte Kundenverachtung: Komm‘ zum Melken

Wie die Kommunikation von Strafzinsen völlig misslingt

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Auch die Commerzbank verlangt jetzt Strafzinsen, vorerst für größere Guthaben. Äußerst befremdlich agiert dabei Finanzchef Stephan Engels. Er sagt: „Das Potenzial ist sehr groß. Wir fangen jetzt mit Kunden mit hohen Einlagen an.“ Engels spricht also vom großen Melken der Kunden. Im Ernst?

Kommunikation von Strafzinsen und Verwahrentgelten bei Banken und Sparkassen

Strafzinsen und Verwahrentgelte sollten überlegt kommuniziert werden.

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Die Sprache verrät unglaublich viel darüber, wie Menschen und Organisationen denken. Die Aussage von Ernst zu den Strafzinsen lässt daher tief blicken. Bei der Commerzbank scheint es mehr darum zu gehen, die Gebühreneinnahmen zu steigern als Kunden zu halten. Man erinnere sich noch an das Versprechen, dass es als Neukunde Geld extra gibt, wenn man zur Commerzbank wechselt und unzufrieden ist.

Feuereifer des Commerzbank-Finanzchefs beim Schröpfen der Kunden

So aggressiv wie die Großbank um Neukunden warb, scheinen ihr nun kurzfristige Erlösquellen vorrangig zu sein. Dabei ist nicht entscheidend, ob eine Bank Strafzinsen erhebt und damit die Negativverzinsung der EZB weitergibt. Das ist ökonomische Realität. Der Feuereifer des Finanz-Chefs; Kunden schröpfen zu können, ist erschreckend. Und die Dummheit, sich mit solchen Aussagen zitieren zu lassen.

Schließlich ist es kein Geheimnis, dass Bankkunden allergisch auf Strafzinsen reagieren. Da ist es klug, auf den wahren Schuldigen – die EZB – zu verweisen und sich auf die Seite des gebeutelten Kunden zu stellen. Für diese Kommunikationsstrategie gibt es vereinzelt Beispiele im Markt. Wer, wenn nicht die Bank, kämpft für ihre Bankkunden in dieser schwierigen Lage?

Die große öffentliche Solidarisierung mit den eigenen Kunden bleibt unterdessen aus. Der Kunde fühlt sich mehrheitlich allein gelassen, bedrängt von Politik und EZB – und verlassen von seiner Bank. Die macht sich allzu schnell verdächtig, die Strafzinsen als Aufhänger für den Verkauf risikoreicherer Anlageformen zu verkaufen.

Zum öffentlichen Protest aufrufen?

Wäre es jetzt nicht an der Zeit, dass die Bankbranche 80 Millionen Deutsche zum Protest gegen Negativzinsen aufruft? Gegen systematisches Entsparen der Menschen zu Gunsten sinkender Staatsschulden, gegen das verdeckte Stützen schwacher Volkswirtschaften in der EU und gegen die selbst gezüchtete Altersarmut hier in Deutschland?

Stattdessen machen Manager wie Engels Banken zu Profiteuren der EZB-Politik – auf dem Rücken ihrer Kunden. Das mag kurzzeitig gut gehen. Wesentlich klüger wäre es, diese Chance zu nutzen, um sich mit seinen Kunden in der Not zu verbünden. Und mal wieder Pluspunkte als Branche mit angeschlagener Reputation zu sammeln.

Der Druck der Straße könnte den Banken in der politischen Diskussion helfen, dass die fortwährenden Negativzinsen die Institute schwer belastet und einige an den Rand der Überlebensfähigkeit drängt. Stattdessen freut man sich bei der staatlich geretteten Commerzbank über Kunden, die demnächst möglicherweise vor dem Banker in Melkerschürze weglaufen. So lässt sich weder eine einzelne Bank retten, noch eine ganze Branche.

Über den Autor

Jörg Forthmann

Jörg Forthmann ist Geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsberatung Faktenkontor. Das Faktenkontor hat sich auf die Unternehmens- und Vertriebskommunikation spezialisiert und betreut eine Reihe namhafter Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister. Auf Basis von fundierten Analysen entwickelt die Beratungsgesellschaft Handlungsempfehlungen für ihre Mandanten. Forthmann hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert und das journalistische Handwerk im Axel-Springer-Verlag erlernt. Bei der Nestlé Deutschland AG arbeitete er in der Unternehmenskommunikation. Nach einem Wechsel als Pressesprecher zur Unternehmensberatung Mummert Consulting gründete er die Pressestelle des Hauses als PR-Beratung aus. Aus dieser Ausgründung ist das heutige Faktenkontor mit 30 Mitarbeitern in Hamburg, Frankfurt und Berlin entstanden.

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