Platforming in Private Banking – aber wie?

Zukunftsgestaltung und neue Geschäftsmodelle für vermögende Kunden

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Privatbanken gehen laut einer aktuellen Studie künftig von starken Veränderungen ihres Geschäftsmodells aus. Bislang haben Investitionen in die Digitalisierung des Private Banking jedoch kaum transformativen Charakter. Wie sinnvoll und realisierbar wäre eine Private Banking Plattform?

Plattformen in Private Banking und Wealth Management

Sind digitale Plattformen in Private Banking und Wealth Management sinnvoll?

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86 Prozent der Privatbanken hierzulande erwarten im Zuge der Digitalisierung laut einer aktuellen Befragung. eine starke Veränderung des Geschäftsmodells Private Banking. 73 Prozent gehen davon aus, dass neue, auch branchenfremde Wettbewerber in den Private Banking Markt eintreten und signifikante Marktanteile erobern werden. Dennoch liegt der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit in Deutschland tätiger Privatbanken im Kontext Digitalisierung bislang auf der Optimierung und Weiterentwicklung der IT, der Automatisierung sowie der Verbesserung des Kundenerlebnisses – und damit vor allem auf der Optimierung des bestehenden Geschäftsmodells.

Zukunftsinvestitionen werden dem Veränderungsdruck noch nicht gerecht

Trotz des verspürten Veränderungsdrucks sind neue Geschäftsmodelle, wie z.B. Plattform- oder Marktplatzmodelle, selten Teil der Zukunftsdiskussion Private Banking – im Gegensatz zur allgemeinen Debatte und zu anderen Branchen, wie auch dem Retail Banking.

Zwar bieten einige Privatbanken mittlerweile Robo Advice und digitale Vermögensverwaltung an, jedoch stellt dies aus Sicht des klassischen Geschäfts mit (U)HNWI eher einen Vorstoß in Richtung (Mass) Affluent Banking mit standardisierten bzw. automatisierten Angeboten (und i.d.R. anderem Markennamen) dar, als ein neues Private Banking Modell. Größere Vermögen und die Bedürfnisse von (U)HNWI sind für standardisierte Kapitalanlagelösungen schlicht zu komplex. Wie sinnvoll und realisierbar aber wäre eine „Amazon/Check24/Ant Financial … Private Wealth Plattform“? Wie könnte sich ein „Platforming in Private Banking“ vollziehen?

Wer keine Plattformstrategie hat, hat keine Strategie …

… heißt es auf dem diesjährigen Platform Economy Summit Europe in Frankfurt. Ob dem allgemein gültig so ist, sei dahingestellt. Jedenfalls ermöglicht Digitalisierung es, durch vernetzte Wertschöpfung ganze Bedürfniskategorien, wie Gesundheit, Mobilität oder Wohnen, mit einem Leistungsprogramm vollumfänglich zu bedienen. Dies ist insbesondere bei Marktplatz- und Plattformmodellen der Fall, die Produkte und Services verschiedenster Anbieter in einer Kundenschnittstelle zusammenführen, große Datenmengen aggregieren und damit ihr Leistungsprogramm laufend verbessern und weiterentwickeln. Ausgangspunkt unternehmerischen Gestaltens ist dabei nicht mehr Produktkompetenz, sondern tiefes Verständnis einer bestimmten Bedürfniswelt des Kunden auf der Basis entsprechender Daten und das Management von Wertschöpfungsnetzwerken.

Wenig spricht dagegen, dass sich Vermögende durch ein distinktives Set an Bedürfnissen auszeichnen und dass dieses über Kapitalanlage und Vermögensverwaltung hinausgeht. Neben Steuergestaltung, Güter-/Erb-/Stiftungs- etc. -recht, Unternehmensnachfolge, Versicherung bzw. Risikoprävention und illiquiden Vermögensgegenständen, wäre beispielsweise an Philanthropie, Concierge Services, Finanzbildung, Online Reputation Management, Austausch mit Gleichgesinnten in Kunden-Communities oder persönliche Sicherheit zu denken. Einige Institute beobachten steigendes Kundeninteresse an solchen Mehrwertservices und bauen ihre Angebote und Kooperationen dementsprechend aus – eine umfangreiche Abdeckung der Bedürfnisse in dieser Lebenswelt im Sinne einer Plattform gibt es jedoch nicht.

Wege zu einer Private Banking Plattform

Die möglichen Vorteile einer Private Banking Plattform im Vergleich zur klassischen Privatbank sind idealiter für Kunden (breites, hochwertiges, unabhängiges, provisionsfreies, modulares Beratungs-, Produkt- und Serviceangebot in einem One-Stop-Shop, Transparenz über die gesamte Vermögensstruktur, etc.) und Betreiber (hohes Skalenpotenzial, großes Datenvolumen, keine Legacy Systeme, ohne Banklizenz reduzierte regulatorische Komplexität, etc.) durchaus erkennbar.

Mit Verweis auf vertrauensvolle persönliche Beziehungen zwischen Kunden und Beratern als differenzierendem Kern des Wertversprechens Privatbank, sehen Private Banker in Plattform-Modellen typischerweise jedoch eher Investitionsruinen. Dieser zweifellos wichtige Erfolgsfaktor bliebe allerdings aufrechterhalten, sofern ein Berater seine Kunden (idealerweise provisionsunabhängig) bei der Nutzung der Plattform im jeweils gewünschten Umfang online wie offline unterstützt, ggfs. weiterbildet und ihnen hochwertige Informationsversorgung, Reporting, Dokumentenverwahrung usw. gewährleistet.

Ob sich ein solch disruptives Modell aus einer klassischen Privatbank herausbilden wird, scheint fraglich, da sich das bestehende Bankgeschäftsmodell damit selbst gefährden würde. Dies erklärt möglicherweise den hohen, eingangs genannten Anteil an Privatbanken, die erwarten, dass neue, auch branchenfremde Wettbewerber in ihren Markt eintreten und signifikante Marktanteile erobern werden. FinTech-Experten gehen davon aus, dass etablierte Plattformen mittel- bis langfristig versuchen werden, ihre Datenführerschaft auch in der Finanzbranche zu monetarisieren. Vor dem Hintergrund der „Winner-Take-All“ Logik von Plattformen eine durchaus lukrative Vorstellung für etwaige Early Mover.

Datenaggregation zur Betrachtung der gesamten Vermögensstruktur als erster Schritt

Ein sinnvoller erster Schritt auf einem Mittelweg durch das Spannungsfeld disruptiver Plattformaufbau einerseits und evolutionäre Optimierung bzw. Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells andererseits, könnte für Privatbanken darin bestehen, ein digital aggregiertes Informationsangebot über einen großen Teil kundenrelevanter Vermögens- und Marktdaten zu erstellen.

Ziel dabei wäre es, Transparenz über die gesamte Vermögensstruktur, inkl. Vermögen bei anderen Banken und illiquide Werte, zu schaffen und mit Prognose- und Planungsdaten sowie Simulationsmöglichkeiten und ggfs. weiterführenden, relevanten Informationsangeboten anzureichern. Kunden sollten dabei flexibel in der Lage sein, ihrem Berater Daten zugänglich zu machen, da eine solche Vergrößerung der Informationsbasis Beratungsmöglichkeiten und -qualität fördern dürfte.

Zudem käme dies den Bedürfnissen digital-affiner (jüngerer) Kunden entgegen und erweitert Möglichkeiten zur Kundenbindung. In einer weiteren Ausbaustufe könnten Drittanbieter spezieller Kapitalanlagen und Mehrwertservices innerhalb des digitalen Angebots präsentiert werden, wie es die App Ownly bspw. bereits tut. Im Ziel würde eine offene Plattform mit „den besten“ Angeboten über alle für Vermögende relevanten Produkt- und Servicebereiche hinweg entstehen und vom Berater bzw. Wealth Coach der Wahl im Auftrag des Kunden orchestriert.

Fazit: über Datenaggregation zur Private Banking Plattform

Zukunftsgestaltung muss sich auch im Private Banking mit der Möglichkeit neuer Geschäftsmodelle befassen, die die Bedürfnisse Vermögender ganzheitlicher und besser abdecken. Der Blick in die Zukunft ist zwar naturgemäß hypothetisch, aber der Weg über Datenaggregation zur Private Banking Plattform zeichnet sich in ersten Ansätzen bereits ab und erscheint daher realistisch.

Über den Autor

Dr. Daniel Pehle

Dr. Daniel Pehle arbeitet seit 20 Jahren als Unternehmensberater und entwickelte verschiedene daten- und technologiegetriebene Geschäftsmodellinnovationen. Er unterstützt Organisationen bei der Identifikation und Nutzung neuer Chancen im Kontext der Digitalisierung.

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