Die europäische Herausforderung für Payments im Jahr 2021

Zwei Voraussetzungen für Souveränität beim Bezahlen

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In 2021 kann es für die zukünftigen Payment-Strukturen in Europa zur entscheidenden Weichenstellung kommen, ob eigene Lösungen forciert oder die Abhängigkeit von fremden zementiert werden. Zwei Faktoren sind dabei von besonderer Bedeutung.

Das Jahr 2021 im Banking steht unter Corona-Vorbehalt

Auch im Jahr 2021 werden Banken und Sparkassen vom Corona-Virus „begleitet“ werden.

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Heute vor einem Jahr beschrieb ich an dieser Stelle die zehn Herausforderungen für die Payment-Branche im Jahr 2020. Für jedes der zehn Themen war klar, dass es nicht in einem Jahr abgearbeitet sein würde, sondern dass es – synchronisiert mit den anderen – Teil eines umfassenden Mehrjahres-Programms werden würde. Das gilt unverändert; es bleibt also viel zu tun. Insofern können wir an dieser Stelle einen Schlusspunkt setzen, denn der Artikel des letzten Jahres ist nach wie vor aktuell.

There is one more thing

Aber erinnern Sie sich an Steve Jobs? Bei der jährlichen Präsentation neuer Apple-Produkte sprach er etwa 45 Minuten, verabschiedete sich dann und verließ die Bühne – fast. Im letzten Moment drehte er sich zurück zum Publikum mit dem legendären Satz „wait a minute … there is one more thing.“ Zurück auf der Bühne kam sein Hammer: die eigentliche Neuheit, das „one more thing“, wie zum Beispiel im Jahr 2001 der erste iPod oder in 2007 das erste iPhone.

So ist es in diesem Jahr auch bei Payments: Wait a minute – there is one more thing! Das Jahr 2021 kann für die zukünftigen Payment-Strukturen entscheidend werden. In diesem Jahr können wir in Europa die Weichen stellen: Wollen wir in Zukunft souverän über unsere Geldflüsse disponieren können, oder akzeptieren wir die dann kaum mehr reversible Abhängigkeit von fremden Payment Schemes? Und an Payments hängt, wie wir wissen, das Wirtschaften insgesamt. Nur wer souverän im Zahlungsverkehr ist, kann seine Wirtschaftsaktivitäten mit ausreichender Unabhängigkeit steuern.

Was heißt das konkret?

Hervorragende Ausgangslage für Payments made in Europe

Wir haben in Europa eine phantastische Infrastruktur, um die uns andere beneiden: SEPA und Target2 bilden einen stabilen und modernen Backbone. Am Frontend können wir flächendeckend Instant Payments ausrollen. Zusätzlich kommt der Request to Pay, der elegant den Kauf mit der Rechnung und der Zahlung verknüpft, Paypal in den Schatten stellen kann und diverse Verdienstmöglichkeiten für die Banken eröffnet. Mit der Kontaktlos-Infrastruktur und ersten interessanten Lösungen für M2M-Payments ergänzen wir unsere Plattform.

Und doch hängen wir am Tropf fremder Payment Schemes, bleiben höchst abhängig. Was diese Abhängigkeit bedeuten kann, wenn Freunde einmal weniger freundlich gesonnen sind, wenn „country first“ wichtiger wird als internationale Zusammenarbeit, kann man sich in einigen Ländern der Welt täglich ansehen.

Zwei Voraussetzungen für Souveränität beim Bezahlen

In 2021 haben wir die Chance, unsere Souveränität nachhaltig zu verankern. Die Retail Payments Strategy der European Commission vom 24. September 2020 und der ECB Report on a Digital Euro vom 4. Oktober 2020 weisen den Weg. Zwei Punkte sind dabei entscheidend:

  1. Wir brauchen ein europäisches Payment Scheme, und
  2. wir brauchen den digitalen Euro.

Das europäische Payment Scheme

Das europäische Payment Scheme muss von den Geschäftsbanken getrieben werden. Die European Payments Initiative (EPI) ist ein solider Kern und erhält zunehmend Auftrieb. Die deutsche Girocard (inclusive Giropay, dies inclusive PayDirekt) muss zur EPI-Card werden, genau wie die Carte Bancaire der Franzosen. Die Politik ist mehr als positiv gestimmt und liefert den notwendigen Rückenwind. Und noch ist das Feld rund ums laufende Konto nicht an Mobile Payment-Anbieter sowie an Mastercard und Visa verloren, die mit ihren Debit-Cards gerade die Zahlungsfunktion des Girokontos besetzen. Es besteht also – vermutlich letztmalig – ein window of opportunity, das weit offen steht.

Der digitale Euro

Der digitale Euro muss von der EZB kommen. Und er ist näher, als die meisten glauben. Liest man zwischen den Zeilen des ECB Reports, so scheint die Entscheidung dafür schon gefallen. Auch Eckwerte für die Implementierung sind klarer, als es manchem erscheint: Der Start wird schon für 2023 angestrebt. Es werden beide Äste, also das Retail- wie auch das Wholesale-Geschäft bedient werden. Die Software muss nicht unbedingt (nur) auf der Distributed Ledger Technology basieren; auch eine Geldkarten-ähnliches Handling für Kleinbeträge und/oder ein kontenbasiertes System für Großzahlungen ist denkbar und wäre in einem „Release 1“ einfacher zu realisieren. Ein negativer „Strafzins“ für zu hohe Beträge oder zu lange Haltedauern wird im Sinne eines Smart Contracts Teil der Lösung sein, muss aber nicht zwangsweise aktiviert werden. Und den privaten Banken wird man zweifellos eine produktive Rolle als Intermediäre und „Pre-Clearer“ zubilligen. Auch hier besteht ein window of opportunity, bevor Libra bzw. zunächst Diem, der digitale Renminbi und der digitale Dollar das Feld besetzt haben.

2021 als Chance europäischer Payment-Souveränität

Mit den Entscheidungen für das europäische Payment Scheme und für den digitalen Euro kann das Jahr 2021 eine herausragende Rolle übernehmen. Wir können unsere Souveränität rund um Payments absichern in einer Welt, die leider nicht immer kalkulierbar ist. Lassen Sie uns daran arbeiten!


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Über den Autor

Prof. Dr. Hans Gert Penzel

Prof. Dr. Hans-Gert Penzel ist Gründungsgesellschafter und Aufsichtsrat des ibi research, Institut für Bankinnovation an der Universität Regensburg. Neben seiner Professur hält der Volkswirt und Wirtschaftsinformatiker eine Vielzahl von Aufsichtsrats- und Beiratsmandaten im Finanzsektor. Zuvor war er in verschiedenen Führungspositionen tätig, u.a. als Generaldirektor und CIO in der Europäischen Zentralbank, bei der HypoVereinsbank, bei McKinsey sowie Hewlett Packard.

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