Die britische Co-operative Bank stand 2013 kurz vor dem Kollaps. Neben einer riskanten Fusion und schlechter Finanzplanung war vor allem ein misslungenes IT-Replatforming-Projekt dafür verantwortlich. Banken können daraus zehn Lehren ziehen.

Die englische Co-operative Bank scheiterte an einer riskanten Fusion, IT-Pannen und Finanzproblemen.
Der Bericht von Sir Christopher Kelly über den Beinahe-Zusammenbruch der Co-operative Bank identifizierte insbesondere die Fusion mit Britannia im Jahr 2009 als Hauptursache, da beide Organisationen bereits mit erheblichen Problemen zu kämpfen hatten. Die Fusion verschärfte bestehende Schwierigkeiten, insbesondere durch Britannias gewerbliches Immobilienkreditportfolio von 3,7 Milliarden Pfund und die risikoreiche Kreditvergabe der Co-op Bank.
Zudem führte ein gescheitertes IT-Projekt zu einem Defizit von 300 Millionen Pfund. Weitere Belastungen entstanden durch Kosten im Zusammenhang mit dem gescheiterten PPI-Verkauf, die Auswirkungen der Finanzkrise 2008 und regulatorische Änderungen. Die Co-op Bank meldete 2013 einen Verlust von 1,3 Milliarden Pfund und benötigte ein Rettungspaket in Höhe von 1,5 Milliarden Pfund, wodurch US-Hedgefonds eine 70-prozentige Beteiligung erhielten.
Weitere finanzielle Probleme traten auf, darunter ein Defizit von 400 Millionen Pfund, das eine zusätzliche Aktienemission und eine Verwässerung des verbleibenden 30-Prozent-Anteils der Co-operative Group erforderte. Die Co-operative Group selbst verzeichnete einen Verlust von 2 Milliarden Pfund und erlebte Führungswechsel, darunter den Rücktritt des CEO Euan Sutherland.
IT-Fehlschläge verschärften die Probleme
Die IT-Fehlschläge der Co-operative Bank, insbesondere das gescheiterte Replatforming-Projekt, trugen erheblich zu ihrem Kapitaldefizit und den allgemeinen Schwierigkeiten bei. Der Versuch, eine ehrgeizige IT-Transformation ohne ausreichendes Fachwissen und Ressourcen umzusetzen, gepaart mit schlechtem Programmmanagement, führte zu erheblichen Kostensteigerungen und letztendlich zum Scheitern des Projekts.
Dies behinderte die Integration der Bank mit der Britannia Building Society und führte zu erheblichen Wertminderungen, die die finanzielle Situation der Bank weiter verschlechterten.
Die IT-Fehlschläge verdeutlichten auch tiefere Probleme in der Unternehmenskultur und Entscheidungsfindung der Bank, darunter mangelnde kritische Hinterfragung der eigenen Fähigkeiten und eine generelle Unterschätzung von Risiken.
Die Top 10 Erkenntnisse zu den IT-Fehlschlägen
Im Wesentlichen waren die folgenden zehn Gründe maßgeblich für das Scheitern im IT-Bereich:
1. Scheitern des IT-Replatforming-Projekts
Das ehrgeizige Vorhaben der Co-operative Bank, ihr zentrales Bankensystem zu ersetzen und weitere IT-Anwendungen zu modernisieren, scheiterte und verursachte ein Kapitaldefizit von fast 300 Millionen Pfund.
2. Unterschätzung der Projektkomplexität
Die Bank unterschätzte die Komplexität und Risiken des Replatforming-Projekts, insbesondere im Kontext der gleichzeitigen Fusion mit der Britannia Building Society.
3. Mangel an Fachwissen und Ressourcen
Die Bank verfügte nicht über das notwendige Know-how und die Ressourcen, um eine derart komplexe IT-Transformation erfolgreich umzusetzen.
4. Schlechtes Programmmanagement
Das Replatforming-Projekt litt unter instabiler Führung, mangelhafter Koordination und unzureichender Planung.
5. Auswirkungen auf die Integration
Das Scheitern des Replatforming-Projekts behinderte die Integration von Britannia und der Co-operative Bank, da viele Integrationsaufgaben von der neuen IT-Plattform abhingen.
6. Fehlende Notfallpläne
Die Bank hatte keine ausreichenden Alternativpläne für den Fall eines Projektfehlers, was ihr im Ernstfall nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten ließ.
7. Unterinvestition in Altsysteme
Während sie auf die Fertigstellung des Replatforming-Projekts wartete, investierte die Bank zu wenig in ihre bestehenden IT-Systeme, sodass diese veraltet und ineffizient blieben.
8. Wertminderungen
Das Scheitern des Replatforming-Projekts führte zu erheblichen Wertminderungen, die das Kapitaldefizit der Bank weiter verschärften.
9. Verpasste Chancen
Die Bank verpasste die Möglichkeit, ihre IT-Systeme durch weniger ehrgeizige Alternativen, wie die Sanierung der bestehenden Systeme, zu verbessern.
10. Kultur und Entscheidungsfindung
Die Unternehmenskultur und Entscheidungsprozesse der Bank trugen zu den IT-Fehlschlägen bei, da es an kritischer Hinterfragung mangelte und Risiken systematisch unterschätzt wurden.
Fallstudie für Banken und IT-Dienstleister
Der Kelly Review ist eine lesenswerte Fallstudie für Banken, IT-Dienstleister und deren Manager, die vor den Herausforderungen einer IT Transformation stehen. Es gilt, die hier aufgezählten Fehler zu vermeiden. Das garantiert zwar noch keinen Transformationserfolg, aber minimiert zumindest die Risiken eines kompletten Fehlschlags.