Corona-Krise, Inflation und nun eine schwächelnde Wirtschaft: Die Menschen in Deutschland mussten zuletzt Leidensfähigkeit beweisen. Wie gehen die Verbraucher mit dieser Situation um? Wie wirkt sich dies auf ihr Kredit- und Rückzahlungsverhalten aus?

Die anhaltende wirtschaftliche Krise hat Auswirkungen auf das Kreditverhalten der Deutschen.
Bereits während der Corona-Krise prophezeiten einige Stimmen, dass es zu einer Überschuldungswelle kommen würde. Das passierte – aus verschiedenen Gründen – nicht. Doch die Dauerkrise hat bei den Verbrauchern finanziell Spuren hinterlassen. Das zeigen sowohl die Analysen aus dem SCHUFA-Datenbestand als auch Befragungen, die wir regelmäßig unter Verbrauchern durchführen.
Betrachtet man das Kreditverhalten und die Rückzahlungsquote des Jahres 2023, ist die Situation weniger dramatisch als erwartet. Die Zahl neu aufgenommener Ratenkredite bleibt stabil. Eine Verschiebung zeigt sich jedoch bei Kleinkrediten unter 1.000 Euro, einschließlich Buy Now Pay Later-Angeboten, die zunehmend auch von den mittleren Altersgruppen genutzt werden. Die Rückzahlungsquote bei Ratenkrediten bleibt konstant bei 98,1 Prozent – ein Anstieg von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Neuaufnahme von Ratenkrediten ist stabil – es dominieren aber zunehmend Kleinkredite.
Die Deutschen sind gute Schuldner – noch
Kein Grund zur Sorge, müsste man meinen. Die Deutschen sind gute Schuldner – noch! Denn einige Kennzahlen lassen aufhorchen: Die SCHUFA veröffentlicht monatlich unter anderem einen Index zu der Zahl der Personen, die erstmalig eine Zahlungsstörung aufweisen. Personen also, die trotz zweifacher Mahnung und entsprechendem Hinweis auf einen SCHUFA-Eintrag einen Kredit nicht bedient oder eine Rechnung nicht bezahlt haben.
Im vierten Quartal 2024 liegt der Indexwert dieser so genannten „Erstmalig Negativen“ knapp 20 Prozent über dem Vorjahreswert. Der Jahresmittelwert lag in den ersten drei Quartalen etwa 10 Prozent über dem Jahresmittelwert des Vorjahres. Das würde bedeuten, dass Ende des Jahres gut 50.000 Menschen mehr Zahlungsstörungen aufweisen werden. Vielen deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern fällt es offensichtlich zunehmend schwer, ihre Kredite zu bedienen.
Mehr Menschen weisen erstmalig Zahlungsstörungen auf als im vergangenen Jahr.
Einkommensschwache Haushalte kommen in Schwierigkeiten
Wichtig ist ein genauerer Blick auf die finanzielle Situation verschiedener Verbraucher-Gruppen. Seit Beginn der Corona-Pandemie führt die SCHUFA bevölkerungsrepräsentative Befragungen unter Verbrauchern durch. Ziel ist es, die finanzielle Situation und Stimmung der Verbraucher zu erfassen. Die Befragungen werden zweimal im Jahr durchgeführt und ermöglichen eine Langzeitbetrachtung der Situation von Verbrauchern.
Aktuell sagen 53 Prozent der Befragten, es würde ihnen sehr schwer (13 Prozent) oder eher schwer (40 Prozent) fallen, einen in den vergangenen sechs Monaten aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Im Vergleich zum Oktober 2023 ist dieser Wert nahezu unverändert (52 Prozent). Besonders schwierig gestaltet sich die Situation in den unteren Einkommensgruppen. Unter den Geringverdienern sagen 77 Prozent der Menschen, es würde ihnen sehr schwer (24 Prozent) oder eher schwer (53 Prozent) fallen, einen Kredit zurückzuzahlen
Bei den Verbrauchern herrscht große Verunsicherung
Insgesamt ist die Unsicherheit der deutschen Verbraucher wegen der finanziell angespannten Lage groß. Zwei Drittel der Menschen blicken mit Sorge in die Zukunft. Damit verharrt die Stimmung der Bevölkerung seit nunmehr zwei Jahren auf einem niedrigen Niveau.
Konkret versucht die überwiegende Mehrheit der Verbraucher ihr Geld beisammenzuhalten und die Ausgaben zu reduzieren. Doch das wird immer schwieriger, vor allem für die unteren Einkommensgruppen, denn sie haben kaum noch Rücklagen. Nur 10 Prozent der Haushalte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 2000 € im Monat haben nach eigenen Angaben genügend Rücklagen, um die steigenden Lebenserhaltungskosten abzufedern. 39 Prozent dieser Haushalte verfügen über keinerlei Rücklagen.
Temporäres Tief oder Trendwende?
Sind die aktuellen Entwicklungen nur ein temporäres Tief oder eine echte Trendwende? Wir haben eine Dekade erlebt, in der die Zahlungsschwierigkeiten der Menschen in Deutschland rückläufig waren – nicht zuletzt auch aufgrund der guten Beschäftigungslage. Um eine Trendumkehr frühzeitig zu erkennen, ist es daher wichtig, die steigende Zahl von Personen mit erstmaligen Zahlungsstörungen unbedingt im Blick behalten. Vieles hängt auch davon ab, wie sich die einzelnen Akteure an die schwierige finanzielle Situation anpassen. Das gilt vor allem für Gruppen in schwierigen finanziellen Verhältnissen.