Mit Klimasiegel auf dem Weg in eine grüne Finanzwelt

Initiativen der Europäischen Union zum Thema Nachhaltigkeit

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Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft in Europa will die Europäische Union Investoren den Weg weisen, wie die Klimaziele von Paris erreichbar sind. Verbraucher sollen anhand von Siegeln erkennen, welche Anlagen nachhaltig sind.

Initiativen der Europäischen Union zum Thema Nachhaltigkeit

Die Europäische Union strebt eine nachhaltige Finanzwirtschaft an.

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 Nachhaltige Investments sind auf den Weg, Mainstream zu werden. Die BaFin hält Veranstaltungen zum Thema ab, die Bundesregierung ruft einen Sustainable-Finance-Beirat ins Leben. Traditionelle Ratingagenturen kaufen reihenweise Nachhaltigkeits-Researchagenturen auf, um ihre Kompetenz zu erweitern.

Diese neue Dynamik hat vor allem einen Grund: Die EU hat eine nachhaltige Finanzwirtschaft zu ihrer Priorität gemacht. Denn sie hat sich bis 2050 zum Ziel gesetzt, netto keine Emissionen mehr auszustoßen. Um dies zu erreichen, will sie die europäischen Kapitalflüsse zu nachhaltigeren Technologien und Geschäftsmodellen umlenken. Dazu hat eine hochrangige Expertengruppe konkrete Vorschläge zur Förderung einer nachhaltigen Finanzwirtschaft erarbeitet, die im Mai 2018 in einem EU-Aktionsplan zur Finanzierung Nachhaltigen Wachstums übernommen wurden. Seit Sommer 2018 werden diese Maßnahmen von einer technischen Expertengruppe ausgearbeitet.

EU will einheitliches Verständnis für grüne Investments

Ein Klassifizierungssystem für Investment ist das Herzstück des Aktionsplans. Die EU will Klarheit schaffen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als klimafreundlich anzusehen sind. Die Arbeitsgruppe hat dafür 67 Aktivitäten identifiziert, die für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Im Juni 2019 erschien ein umfangreicher technischer Bericht, der für die verschiedenen Sektoren konkrete Kriterien vorschlägt. Werden diese erfüllt, gelten sie gemäß EU als grüne Aktivität. Die Taxonomie wird als Ausgangsbasis für die Entwicklung weiterer Instrumente dienen, z. B. einen Green-Bonds-Standard oder ein Eco-Siegel, mit denen die EU eine weitere Standardisierung von Finanzprodukten anstrebt.

Die vor kurzem verabschiedete Taxonomie ist aber keine Nachhaltigkeits-, sondern eine Klima-Taxonomie. Detailliert wird beschrieben, unter welchen Voraussetzungen eine wirtschaftliche Aktivität im Einklang mit dem Klimaverständnis der EU ist. Zum einen soll sie signifikant dazu beitragen, die Folgen des Klimawandels zu lindern. Zum anderen soll sie zu keinen negativen ökologischen Folgen führen, z. B. Luft- und Wasserverschmutzung oder Zerstörung von Ökosystemen.

Wenig Beachtung hingegen findet bislang die soziale Performance eines Unternehmens oder Projekts. Vor allem im für grüne Technologien sehr wichtigen Rohstoffsektor kommt es immer wieder zu Verstößen gegen Arbeits- und Menschenrechte. Aufgrund der Komplexität des Themas und der beschränkten Zeit konnte dieser Bereich bisher noch nicht betrachtet werden.

Umfassendes Klimareporting von Unternehmen

Ferner hat die EU die mangelnde Transparenz vieler Finanzmarktteilnehmer identifiziert. Sie berichten sehr uneinheitlich über die Relevanz des Klimas für ihre Geschäftstätigkeit. Bereits 2017 hat die internationale Initiative Taskforce on Climate-Related Financial Disclosure (TCFD) unter dem Vorsitz von Michael Bloomberg ein Rahmenwerk entworfen, wie Institute bei der Klimaberichterstattung vorgehen sollen. Hinzu kommt, dass die größten börsennotierten Unternehmen in Europa wesentliche Risiken in der nichtfinanziellen Berichterstattung angeben müssen.

Darauf aufbauend will die EU nun für große Unternehmen sowie Banken und Versicherungen die Richtlinien stärker spezifizieren. Entscheidend ist dabei, dass auf der einen Seite gegenüber Investoren Angaben zu machen sind, welchen Einfluss das Klima auf Unternehmen hat (finanzielle Perspektive). Auf der anderen Seite gilt es aber auch, Kunden, die Gesellschaft oder Mitarbeiter über den Einfluss des Unternehmens auf das Klima zu informieren (Umwelt- und Sozialperspektive). Diese Richtlinien sollen derzeit aber noch nicht rechtlich bindend sein.

Low Carbon Benchmarks zum Erreichen von Klimazielen

Bestimmte Vergleichsgrößen, sogenannte Benchmarks, spielen am Kapitalmarkt eine zentrale Rolle, da viele Akteure ihre Portfolios danach ausrichten. Immer beliebter werden CO2-niedrige, sogenannte Low Carbon Benchmarks. Jedoch herrscht am Markt Uneinigkeit, ob die derzeit dort angebotenen Indizes wirklich zu den EU-Zielen beitragen. Daher hat die Europäische Union zwei Kriterientypen entwickelt: den EU Climate Transition Benchmark und den EU Paris-aligned Benchmark. Indexanbieter sollen sich künftig an diesen beiden orientieren, wenn sie neue Produkte am Markt einführen. Damit will die EU die Transparenz erhöhen, welche Investmentstrategien geeignet sind, um die Klimaziele zu erreichen.

Dies ist nur eine Auswahl der wichtigsten Initiativen. Es zeigt, dass niemand am Finanzmarkt in Zukunft am Thema Nachhaltigkeit vorbeikommt. Dabei bleibt zu hoffen, dass die handelnden Akteure sich ihrer Verantwortung bewusst sind und mit ihrer Arbeit tatsächlich einen Wandel hin zu einem ökologischeren und sozialeren Finanzmarkt einleiten. Für nur kosmetische Eingriffe bleibt keine Zeit mehr.


Der Beitrag erschien als Teil des Jahrbuchs 2019/20 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.

Über den Autor

Stefan Fritz

Stefan Fritz arbeitet als Spezialist Investmentfonds im Angebotsmanagement des Investmentfondsgeschäfts der GLS Bank. Zuvor war er für das französische Researchunternehmen Novethic mit Sitz in Paris tätig, von wo aus er die Entwicklung des europäischen Marktes für nachhaltige Investments begleitete.

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