KI: Einsatz vom Backoffice bis zur Kundenschnittstelle

Generative KI und KI-Agenten verändern Geschäftsmodelle grundlegend

Abonnieren Sie den kostenlosen Bank Blog Newsletter

GenKI und KI-Agenten verändern die Geschäftsmodelle der Banken und die Kundeninteraktion mit Finanzdienstleistungen. Mit dem Trend zu Embedded und Open Finance wird KI an der Kundenschnittstelle immer wichtiger und entscheidend für den künftigen Erfolg.

Auswirkungen von generativer KI und KI-Agenten auf Banken

Generative KI und KI-Agenten beeinflussen viele Bereiche der Geschäftsmodelle von Banken – darunter auch die Art, in der Kunden in Zukunft mit Finanzdienstleistungen interagieren.

Partner des Bank Blogs

Atruvia ist Partner des Bank Blogs

Künstliche Intelligenz wird im Banking bereits seit gut zwanzig Jahren genutzt. Risikomanagement, Fraud Detection und Prozessautomatisierung profitieren schon seit langem vom Einsatz von Maschine Learning und entsprechenden Algorithmen. Aber auch generative KI wird immer stärker eingesetzt.

Derzeit liegt der Fokus der Use Cases noch auf interner Effizienz und Kosteneinsparung. Prominente Beispiele sind interne Chatbots, die große Mengen unstrukturierter Daten nutzbar machen oder der Einsatz als „Co-Worker“ für die Automatisierung manueller Aufgaben.

Der nächste Schritt ist der zunehmende Einsatz von generativer KI sowie KI-Agenten an der Kundenschnittstelle. Dies wird angesichts des Trends zu Embedded Finance, den wachsenden Angeboten von Finanzdienstleistungen durch BigTechs und regulatorischen Veränderungen rund um Open Finance und Open Data immer wichtiger.

KI verändert alle Bereiche des Geschäftsmodells

KI birgt für Finanzdienstleister eine Reihe von fundamentalen Veränderungen in allen Bereichen des Geschäftsmodells. Daher ist es entscheidend, das eigene Geschäftsmodell immer wieder systematisch hinsichtlich strategisch notwendiger Veränderungen zu überprüfen – vor allem im Hinblick auf den zunehmenden Einsatz von generativer KI und KI-Agenten.

KI-Agenten sind spezifische Systeme oder Elemente größerer KI-Systeme, die weitgehend autonom bestimmte Aufgaben lösen und dabei bei Bedarf über Schnittstellen mit anderen Systemen oder Agenten interagieren. Gerade in Kombination bieten diese Entwicklungen ein enormes Potenzial für Effizienzsteigerungen, aber auch neue Produkte, Services und Geschäftsmodellinnovationen.

Produkte und Services

Produkte und Services verändern sich auf zwei Arten:

  • Zum einen können existierende Produkte und Services durch einen signifikant höheren Grad an Personalisierung, Kontextualisierung und Automatisierung verbessert werden.
  • Zum anderen können neue KI- und datenbasierte Angebote geschaffen werden, die eine holistische Betrachtung und Versorgung der Kunden ermöglichen – und dies auf sehr effiziente Weise.

Beispiele rangieren von individuellen Watchlisten und Benchmarks über personalisierte Empfehlungen und Anlage- oder Altersvorsorgestrategien bis hin zu einem weitgehend automatisierten Liquiditätsmanagement mit entsprechenden Finanzierungs- und Anlagemöglichkeiten für Privatpersonen und KMUs sowie Supply Chain Finance und die nahtlose Verbindung von Güter- und Finanzströmen für Corporates. Letztere entfalten ihr volles Potenzial in Kombination mit einer Art „Money on chain“ wie einem Commercial Bank Money Token und KI-basierten Smart Contracts.

Kundenbeziehungen und Kanäle

Das Management der Kundenbeziehungen sowie die Kommunikations- und Zugangskanäle verändern sich ebenfalls. Die Interaktion mit den Kunden kann perspektivisch deutlich personalisierter, kontextualisierter und automatisierter rund um die Uhr angeboten werden. Entscheidend ist allerdings auch die Einstellung der Nutzer zu KI-basierter Interaktion – gerade bei wenig technik-affinen Kunden.

An der Kundenschnittstelle ist daher zunächst ein hybrider Ansatz erfolgsversprechend, in dem kanal-, kunden- und aufgabenspezifisch KI-basierte und menschliche Interaktion kombiniert wird und die menschliche Interaktion so weit und sinnvoll wie möglich durch KI unterstützt wird – seien es Gesprächszusammenfassungen, detaillierte Analysen von bisherigem Verhalten und Präferenzen sowie in Echtzeit bereitgestellte personalisierte Informationen.

Aktivitäten und Prozesse

Hinsichtlich der Aktivitäten und Prozesse werden die Eigen- und Weiterentwicklung von KI-Anwendungen, ihre Überwachung, aber auch die kontinuierliche Sicherstellung der AI-Literacy der Mitarbeiter immer wichtiger. Daneben sind auch die Verfügbarkeit und Qualität der internen Daten sowie der Zugang zu spezifischen externen Daten relevant, denn generative KI sowie KI-Agenten können ihr volles Potenzial nur mit umfangreichen und sauberen Daten und Schnittstellen entfalten.

Angesichts des Trends zu Embedded Finance werden in diesem Zusammenhang Schnittstellen zu komplett anderen Systemen und strategischen Partnern außerhalb des Finanzsektors immer relevanter.

Routine im Back-Office, Experimentalphase an der Kundenschnittstelle

Der Einsatz von KI im Banking zeichnet sich derzeit durch sehr unterschiedliche Reifegrade aus – einerseits entlang der Wertschöpfungskette und andererseits hinsichtlich der eingesetzten Technologien. Im Bereich der nicht-generativen KI sind viele Finanzinstitute bereits in einem etablierten operativen Modus, zum Beispiel in Form von Machine Learning in den Bereichen Fraud, Risk und Compliance oder Anwendungen wie algorithmischem Trading.

Herausforderungen bestehen in erster Linie in der genauen technischen Umsetzung, der kontinuierlichen Weiterentwicklung sowie neuen regulatorischen Herausforderungen. Dazu gehören die Sicherstellung der Compliance mit dem EU AI Act, der Aufbau von entsprechenden Trainings sowie die Sicherung der AI Literacy in der gesamten betroffenen Organisation.

Anders sieht es beim Einsatz von generativer KI und KI-Agenten aus – speziell im Hinblick auf die Kundenschnittstelle. Aufgrund des frühen Entwicklungsstadiums befinden sich die meisten Unternehmen noch in der Phase der Beobachtung beziehungsweise in der Phase des Experimentierens und Ausprobierens. Gestartet wird mit einfachen Use Cases und der Fokus liegt auf den Hebeln Effizienzverbesserung und Kostensenkung.

Primär werden die Möglichkeiten von generativer KI im Umgang mit einer großen Menge an unstrukturierten Daten, der Zusammenfassung und Verarbeitung dieser Daten sowie der natürlichen und intuitiven Interaktion mit ihnen genutzt. Beispiele sind das Durchsuchen und Zusammenfassen von internen Dokumenten und Verträgen, die intuitive Interaktion mit Dokumenten, Datenbanken und Intranets – auch in Form von internen Chatbots – sowie die Begleitung und Verbesserung der internen und externen Kommunikation.

Ziel ist es, den Mitarbeitern einen virtuellen Assistenten oder „Co-Worker“ an die Seite zu stellen, der einen Großteil der manuellen Routinearbeiten übernehmen oder signifikant erleichtern kann, so dass sich die Mitarbeiter auf komplexe und kundenorientierte Aufgaben konzentrieren können.

KI-Einsatz an der Kundenschnittstelle zunehmend erfolgskritisch

Die nächste Stufe ist der zunehmende Einsatz von KI an der Kundenschnittstelle. Dies wird immer erfolgskritischer angesichts der wachsenden Bedrohung der Visibilität und Relevanz klassischer Banken an der Kundenschnittstelle im Rahmen von Embedded Finance und regulatorischen Initiativen wie der Financial Data Access Regulation (FiDA).

Im Kontext von Embedded Finance werden Finanzdienstleistungen zunehmend in die Customer Journeys von dritten, nicht-Finanzdienstleistern wie BigTechs, Händlern, Plattformen oder Lifestyle-Apps integriert. Aufgrund der derzeit diskutierten FiDA müssen Banken perspektivisch anderen Datennutzern umfangreiche Finanzdaten ihrer Kunden auf deren Wunsch zur Verfügung stellen. Dies bedeutet, dass Dritte in Zukunft immer stärker ebenfalls personalisierte und kontextualisierte Finanzdienstleistungen im Rahmen ihrer Customer Journeys anbieten können. Allerding sollten sich Banken ebenfalls als Datennutzer positionieren und ihre eigenen datenbasierten Angebote an den Kundenschnittstellen in den eigenen sowie in dritten Customer Journeys auf- und ausbauen.

Gerade KI-Agenten können hier ein enormes Potenzial bieten – allerdings stehen die Entwicklungen noch am Anfang. Eine wesentliche Frage ist auch, wie die Kundenschnittstellen der Zukunft aussehen und wie Menschen langfristig mit KI interagieren werden. Je tiefer die Integration, desto natürlicher wird das Nutzerverhalten und desto besser auch das gesamte Kundenerlebnis.

Durch Hyperpersonalisierung aufgrund von detaillierten Datenanalysen in Echtzeit, der Nutzung von generativer KI und einen hohen Automatisierungsgrad über verschiedene Systeme und Anbieter hinweg durch Agenten, kann in der Interaktion ein nennenswerter Mehrwert für die Kunden geschaffen werden. Angebote können genau dann und dort platziert werden, wo der Bedarf für sie besteht und sie können basierend auf der aktuellen Situation der Kunden, ihrem bisherigen Verhalten und ihren Präferenzen in Echtzeit optimiert und maßgeschneidert werden. Ebenso kann die Inanspruchnahme unter gewissen Rahmenbedingungen auch automatisiert werden. Wichtig ist jedoch, den Kunden immer die Möglichkeit des Eingriffs und der finalen Entscheidung zu lassen.

Erfolgsfaktoren für den Einsatz von GenKI an der Kundenschnittstelle

Die folgenden Faktoren sind entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz an der Kundenschnittstelle:

Klare Ziele und Strategie

Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert eine klare strategische Ausrichtung und Zielsetzung: Was soll durch den Einsatz von KI erreicht werden, welche Investitionen sind erforderlich und welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden? Dazu gehört auch eine realistische Erwartungshaltung an die individuellen Projekte, gerade bei neuen Formen und Anwendungen der KI.

Häufig geht es am Anfang um das Sammeln von Erfahrungen in kleinen Piloten und Proof-of-Concepts (PoCs) und den sukzessiven Auf- und Ausbau auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse.

Angepasste Vorgehensweise

Angesichts der hohen Entwicklungsgeschwindigkeit der KI und ihrer Anwendungen ist ein iterativer und auch experimenteller Vorgang wichtig. Typischerweise scheitern derzeit gut 80 Prozent der PoCs auf dem Gebiet der generativen KI – was aus Innovationssicht in einer derartigen Entwicklungsphase auch völlig normal ist. Es geht zunächst darum, die vielversprechendsten Use Cases zu identifizieren und sich auf diese zu konzentrieren. Sie sollten die Bedürfnisse und Pain Points der Kunden adressieren und einen möglichst hohen Mehrwert generieren.

Die Relevanz der Use Cases für die Nutzer gepaart mit einer hohen Skalierbarkeit sind wichtige Erfolgsfaktoren, um Use Cases zu kommerzialisieren. Schnelles und direktes Feedback durch die Nutzer zu einem frühen Zeitpunkt im Entwicklungsprozess ist zum einen entscheidend für die Ausgestaltung der Use Cases, erlaubt aber auch, Anwendungsfälle, die nicht die Bedürfnisse der Kunden adressieren oder an denen nur geringes Kundeninteresse besteht, schnell zu depriorisieren, um dann die Ressourcen effektiver einzusetzen.

„Intelligentes Scheitern“ ist dabei ein zentrales Element des Innovationsprozesses im Umgang mit neuen Technologien. Es wird laut Amy Edmondson dadurch charakterisiert, dass es

  1. auf Neuland erfolgt,
  2. ein konkretes Ziel verfolgt wird,
  3. eine angemessene Vorbereitung und Risikominderung im Vorfeld stattfindet und
  4. daraus gelernt wird.

Digitalisierungsgrad der Prozesse und Daten

Der große Vorteil generativer KI entfaltet sich darin, Erkenntnisse aus einer Vielzahl von bisher nur schwer zugänglichen Daten nutzbar zu machen, ohne dass diese Daten vorher aus ihrer unstrukturierten Form in eine strukturierte umgewandelt wurden. Wichtig für die Umsetzung sind dafür unter anderem ein hoher Digitalisierungsgrad der Prozesse und Daten. Daten müssen in der richtigen Granularität verfügbar sowie widerspruchsfrei sein, denn mangende Datenverfügbarkeit und inkonsistente, ungenaue und unvollständige Daten gehören zu den Haupthindernissen bei der erfolgreichen Umsetzung von KI Use Cases.

Ebenso muss eine entsprechende Daten-Governance bestehen, die den Zugriff auf die Daten sowie ihre Verwendung regelt. Gerade am Anfang ist auch ein risikobasierter Ansatz wichtig, in dem Use Cases anhand der Kritikalität der Daten und des potenziellen Risikos priorisiert werden.

Aufgrund der Vielfalt der Modelle und Anwendungen ist es auch wichtig, die richtigen Instrumente für individuelle Aufgabenstellungen auszuwählen und offen für Kombinationen und hybride Ansätze zu bleiben, denn es gibt keine „silver bullet“. Verschiedene Geschäftsbereiche haben teilweise unterschiedliche Anforderungen und Sensitivitätsgrade hinsichtlich ihrer Daten. Auch können unterschiedliche Modelle helfen, Halluzinationen durch den Fokus auf die Schnittmenge des generierten Outputs zu reduzieren.

Einbezug von Mitarbeitern und Kunden

Zentral ist auch, dass die Mitarbeiter die Ergebnisse der KI-Anwendungen kritisch reflektieren und eine entsprechende AI-Literacy besitzen. Je experimenteller der Use Case und je neuer die Modelle, umso stärker müssen alle Beteiligten hierfür sensibilisiert werden. Eine Fallstudie der Harvard University zeigt beispielsweise, dass bei einer unreflektierten KI-Gläubigkeit der Mitarbeiter in bestimmten Situationen die Resultate inhaltlich schlechter werden, als ohne die Nutzung von KI.

Angesichts des frühen Entwicklungsstandes vieler Anwendungen ist an der Kundenschnittstelle neben einem hybriden Ansatz eine entsprechende Kommunikation, Sensibilisierung und Transparenz gegenüber den Kunden wichtig. Kleine Piloten in einer kontrollierten Umgebung erlauben, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen und diese dann sukzessive auf breiterer Basis zu implementieren.

Fazit: Perspektiven für GenKI

Generative KI verändert alle Bereiche der Geschäftsmodelle der Banken – auch die Interaktion mit den Kunden und deren Zugang zu Finanzprodukten und Services. Angesichts des Trends zu Embedded Finance und der potenziellen Öffnung von Finanzdaten für Dritte wird die Beschäftigung mit generativer KI an der Kundenschnittstelle für Banken zunehmend erfolgskritisch.

Aufgrund des noch frühen Entwicklungsstadiums vieler Anwendungen ist ein iteratives und experimentelles Vorgehen im Rahmen von PoCs und kleinen Piloten wichtig, um schnell vielversprechende Use Cases zu identifizieren und diese effizient umzusetzen. Dies erfordert angesichts der hohen Veränderungsgeschwindigkeit der Technologie sowie ihrem enormen Veränderungspotenzial jedoch auch ein innovatives Mindset und eine entsprechende AI-Literacy.

Über den Autor

Prof. Dr. Silke Finken

Silke Finken ist Professorin für Innovationsmanagement an der ISM und hält Keynotes und Workshops zu Innovations- und Strategiethemen für Unternehmen. Ihre Themengebiete sind Innovationsmanagement und Innovationskultur, Business Model Innovation, Design Thinking sowie Embedded Finance und neue Trends im Banking. Vor Übernahme ihrer Professur war Silke Finken Senior Vice President im Transaction Banking der DZ BANK AG sowie Leiterin des Innovations- & Consultingmanagement. Davor war sie Projektleiterin in der Financial Service Practice von Bain & Company.

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


Mit dem kostenlosen Bank Blog Newsletter immer informiert bleiben:

Anzeige

Get Abstract: Zusammenfassungen interessanter Businessbücher

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Bank Blog Newsletter abonnieren

Bank Blog Newsletter abonnieren