Die Finanzdienstleistungsbranche nähert sich dem Stichtag für die Einführung von ISO 20022 für CBPR+ am 22. November 2025. Weltweit setzen sich die Finanzinstitute mit den Herausforderungen und Chancen auseinander, die dieser neue Standard mit sich bringt.

Wer bis 22. November 2025 nicht auf ISO 20022 umstellt, muss mit erheblichen Auswirkungen rechnen.
ISO 20022 soll der einzige weltweit anerkannte Standard für grenzüberschreitende Zahlungen zwischen Banken werden und das MT-Nachrichtenformat durch das neue MX-Format ersetzen. Diese Umstellung verspricht detailliertere und strukturiertere Zahlungsdaten, verbesserte Analysemöglichkeiten und gestraffte Prozesse – erfordert aber auch umfangreiche Vorbereitungen und Anpassungen.
Der globale Standard ist nicht nur ein Compliance-Update, sondern stellt einen grundlegenden Wandel bei der Strukturierung und Verarbeitung von Nachrichten im Zahlungsverkehr dar. Das erweiterte Datenformat von ISO 20022 ermöglicht ein verbessertes Straight-Through-Processing (STP), erleichtert die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und bietet zugleich eine verbesserte Interoperabilität sowie ein verbessertes Kundenerlebnis. Trotz dieser Vorteile hatten laut Swift bis Dezember 2024 erst 32,9 Prozent der Unternehmen ISO 20022 for Cross-Border Payments and Reporting Plus (CBPR+) eingeführt: Eine beschleunigte Migration ist dringend erforderlich.
Noch befinden wir uns in einer Phase der Koexistenz von MT- und MX-Nachrichten, die jedoch im November offiziell enden wird. Alle Zahlungsanweisungen müssen dann im ISO-20022-Format ausgetauscht werden. Finanzinstitute, die bis zum 22. November 2025 nicht vollständig konform sind, müssen mit betrieblichen, geschäftlichen und finanziellen Auswirkungen rechnen.
Folgen der Nichteinhaltung
Die Nichteinhaltung von ISO 20022 könnte schwerwiegende Folgen für die Bearbeitung von Nachrichten haben. Aus operativer Sicht besteht für die Empfänger die Gefahr, dass Daten nur unvollständig erfasst werden. Während fehlende oder gekürzte Daten für CBPR+-Transaktionen wiederhergestellt werden, stellt der Datenverlust ein erhebliches Risiko für Anweisungen dar, die an eine Zahlungsmarkt-Infrastruktur weitergeleitet werden. Bei MT-Nachrichten, die nicht konvertiert werden können, besteht zudem für den Sender die Gefahr, dass sie nicht bestätigt werden (sog. NAK’ed von „not acknowledged“). MT-Nachrichten, die zur Umwandlung gesendet werden, unterliegen außerdem einer zusätzlichen Validierung im FIN-Netzwerk: Selbst, wenn sie technisch korrekt sind und diese Prüfung bestehen, können sie dennoch abgelehnt werden, wenn sie nicht eindeutig in das neue Format übersetzt werden können.
Auch aus unternehmerischer Sicht wird sich dies auswirken, denn die Empfänger der übersetzten Nachrichten werden die Vorteile der reichhaltigen und strukturierten Daten verlieren, die ISO 20022 mit sich bringt. Nutzer, die Transformationsdienste in Anspruch nehmen, müssen möglicherweise die in den Zahlungsanweisungen enthaltenen Informationen speichern und weiterleiten, um die Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung der Finanzkriminalität zu gewährleisten. Für die Absender schließlich werden die konvertierten Nachrichten keine strukturierten und umfangreichen Daten enthalten.
Was die finanziellen Auswirkungen anbelangt, so wird die In-Flow Translation ab Januar 2026 mit abschreckenden Gebühren belegt. Die Finanzinstitute müssen sich bis Ende 2025 für alle in den Geltungsbereich fallenden Nachrichten von der In-Flow Translation abmelden. Für die Absender gilt: Jeder, der diesen Dienst weiterhin in Anspruch nimmt, wird mit hohen Kosten konfrontiert.
Abschließend noch eine Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Transparenz: Absender von CBPR+-Nachrichten können Abbruchmeldungen erhalten, wenn es Probleme bei der Zustellung an den Empfänger gibt. Für Absender werden Nachrichten, die von MT in ISO 20022 konvertiert wurden, mit einer Markierung versehen, die es den Empfängern ermöglicht, zu erkennen, dass die empfangenen Nachrichten durch Swift konvertiert wurden.
Ohne eine ISO 20022-Migrationsstrategie riskieren Finanzinstitute einen Wettbewerbsnachteil für ihre Zahlungsdienste zu schaffen, ihre digitale Roadmap zu blockieren und das Swift-Mandat nicht zu erfüllen.
Sechs Schritte zur Compliance
Die Umstellung auf ISO 20022 stellt die Finanzinstitute vor mehrere Herausforderungen. So muss beispielsweise sichergestellt sein, dass die bestehenden Systeme und Infrastrukturen das neue Format verarbeiten können. Weitere Hürden sind die Bewältigung der Komplexität, die Minimierung von Kundenservice- und Betriebs-Unterbrechungen und nicht zuletzt die Bereitstellung von ausreichend Zeit und Ressourcen für den Umstellungsprozess.
Um diese Herausforderungen zu meistern, können Finanzinstitute einen sechsstufigen Ansatz verfolgen, um die Compliance mit ISO 20022 für CBPR+ sicherzustellen:
1. Interne Bewertung und Folgenabschätzung
Der erste Schritt ist die Durchführung einer umfassenden internen Bewertung und Lückenanalyse. Dies hilft, den aktuellen Stand zu verstehen und herauszufinden, was getan werden muss, um die Anforderungen zu erfüllen.
2. Partnerschaften finden und managen
Die Nutzung bestehender und der Aufbau neuer Partnerschaften können den Migrationsprozess effizienter gestalten. Organisationen können die Umstellung entweder selbst durchführen oder sie an Partner mit größerem Fachwissen auslagern.
3. Erstellen eines Projektplans
Die Entwicklung eines detaillierten Projektplans, der Zeitpläne, Verantwortlichkeiten und Meilensteine festlegt, ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Plan sollte alle funktionalen Spezifikationen, fachlichen Anforderungen und technischen Umsetzungen umfassen.
4. Testen
Gründliche Tests sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass das neue Nachrichtenformat korrekt funktioniert. Dazu gehören sowohl interne Tests als auch Tests mit Partnern und anderen Stakeholdern.
5. Implementierung und Roll-Out
Sobald die Tests abgeschlossen sind, beginnt die Implementierungsphase. Je nach Bereitschaft und Präferenzen können Unternehmen zwischen einem „Big-Bang“-Ansatz, einem schrittweisen Vorgehen oder einem freien Übergangskonzept wählen.
6. Zukunftssicher machen
Mit Blick über den November 2025 hinaus müssen Institute auch künftige Entwicklungen berücksichtigen und sicherstellen, dass ihre Systeme die laufenden Änderungen und Erweiterungen der ISO-Norm 20022 bewältigen können.
November 2025 und darüber hinaus
Die Umstellung auf ISO 20022 ist ein wichtiger Meilenstein für die Branche. Auch wenn die Herausforderungen beträchtlich sind, überwiegen doch klar die positiven Aspekte einer höheren Datenqualität, einer verbesserten Verarbeitungskapazität und einer besseren regulatorischen Compliance. Da wir uns in den letzten Monaten der CBPR+-Koexistenz befinden, ist die Botschaft klar: Finanzinstitute müssen jetzt handeln. Die Vorteile einer frühzeitigen Einführung liegen bereits auf der Hand, und die vollständige branchenweite Umsetzung wird diese Vorteile noch verstärken und den Weg für ein effizienteres, transparenteres und innovativeres Finanzökosystem ebnen.