Banken haben von der Sonderkonjunktur Zins stark profitiert, handeln teilweise jedoch weiterhin unter Buchwert. In stürmischeren Zeiten müssen sich viele Banken weiter transformieren, um die Gewinne der letzten Jahre nicht durch Marktverdrängung und Inflation zu verlieren.

In den bevorstehenden stürmischeren Zeiten müssen sich viele Banken weiter transformieren, um erfolgreich zu bleiben.
Die Lage der europäischen Banken hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, bleibt jedoch herausfordernd. Trotz der Sonderkonjunktur Zins zeigt sich der Kapitalmarkt skeptisch. Viele börsennotierte europäische (und auch deutsche) Banken werden insb. aufgrund der niedrigen Eigenkapitalrendite weiterhin unter ihrem Buchwert gehandelt – ein klares Signal dafür, dass Investoren Zweifel haben, dass Banken ihre Kapitalkosten verdienen können. Die Auswirkungen sind weitreichend: Eine niedrige Bewertung erschwert bzw. verteuert den Zugang zu Kapital, drückt somit Wachstumsmöglichkeiten der Banken und macht sie anfällig für Übernahmen.
In den letzten Jahren haben Banken sehr günstige Windbedingungen gehabt. Viele Häuser sind mit zinsgetriebenem Rückenwind ohne größere Mühen hin zu stabilen Gewinnen und höherer Profitabilität gesegelt. Im Schnitt sind die Erträge im deutschen Bankenmarkt um jährlich 18 Prozent in den letzten drei Jahren gestiegen.
Bedingungen für Banken bleiben schwierig
Dieser Wind wird sich mittelfristig abflauen. Im Lichte der aktuellen zinspolitischen Entscheidungen, der wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit erwarten wir ein deutlich geringeres Wachstum für die Banken. Neben der schwierigen Marktentwicklung kämpfen viele Banken mit einem weiteren strukturellen Problem: steigende Kosten. Während sich die Erträge durch die Zinspolitik zuletzt stabilisiert haben, bleibt die Kostenseite eine enorme Herausforderung. Viele Banken operieren weiterhin mit ineffizienten, fragmentierten Betriebsmodellen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächen.
Hohe IT-Ausgaben fließen nicht in Innovationen, sondern in die Wartung veralteter Systeme. Gleichzeitig bleiben viele Transformationsprojekte hinter den Erwartungen zurück. Trotz steigender Kundennachfrage nach digitalen Services bieten Banken oft nur inkrementelle Verbesserungen, anstatt eine echte End-to-End-Digitalisierung voranzutreiben. In diesem Umfeld wird eine konsequente Neuausrichtung zum entscheidenden Erfolgsfaktor.
Fünf Thesen zur erfolgreichen Transformation
Die kommenden Jahre werden zeigen, welche Banken in der Lage sind, sich erfolgreich anzupassen. Die folgenden fünf Thesen beschreiben zentrale Maßnahmen, mit denen Banken ihre Transformation aktiv gestalten können.
1. Produktdigitalisierung als Wachstumsfaktor nutzen
Während noch vor wenigen Jahren Filialen eine zentrale Rolle in der Kundenbetreuung spielten, hat sich das Nutzungsverhalten stark gewandelt. Heute geben nur noch 7 Prozent der Privatkunden an, regelmäßig eine Bankfiliale zu besuchen. Gleichzeitig nutzen 37 Prozent aktiv Mobile Banking – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 28 Prozent im Jahr 2021. Auch Firmenkunden legen zunehmend Wert auf digitale Prozesse und Angebote. Unternehmen, die das Gefühl haben, dass ihre Bank ihre digitalen Bedürfnisse nicht erfüllt, haben eine um 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, das Institut zu wechseln.
Trotz dieser klaren Trends hinken viele Banken der Digitalisierung hinterher. Oftmals werden lediglich bestehende Prozesse digitalisiert, ohne dass echte digitale Produkte entwickelt werden. Eine nachhaltige Transformation erfordert jedoch einen radikaleren Ansatz. Banken sollten konsequent digitale Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die auf die veränderten Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Um dies zu erreichen, müssen sie End-to-End-verantwortliche Produktteams etablieren, die nicht nur für einzelne Funktionen, sondern für das gesamte Kundenerlebnis verantwortlich sind. Zudem muss die interne Organisation agiler werden, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und eine konsequente Kundenorientierung in allen Bereichen.
2. Betriebsmodelle mit KI radikal optimieren
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) eröffnet Banken enorme Effizienzpotenziale. Führende Institute setzen sich bereits das Ziel, ihre Nettokosten mithilfe von KI um bis zu 20 Prozent zu reduzieren. Bisher wird KI jedoch häufig nur genutzt, um bestehende Prozesse schrittweise zu verbessern. Eine echte Transformation erfordert jedoch einen grundlegend neuen Ansatz.
Anstatt bestehende Abläufe lediglich zu automatisieren, sollten Banken ihre Betriebsmodelle mit einem „Greenfield“-Ansatz völlig neu denken. KI-gestützte Prozessautomatisierung kann nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Kundenzufriedenheit verbessern, indem repetitive Aufgaben eliminiert und Wartezeiten reduziert werden. Gleichzeitig müssen Banken ihre Betriebsmodelle stärker mit digitalen Kundenschnittstellen verknüpfen, um eine nahtlose Customer Journey zu ermöglichen.
3. Kapitalallokation gezielt nach Profitabilität steuern
Nicht jedes Geschäftsfeld trägt gleichwertig zur langfristigen Wertschöpfung bei. Banken, die eine Eigenkapitalrendite von über 15 Prozent erreichen, profitieren im Durchschnitt von einer um 50 Prozent höheren Ertragsmarge. Eine gezielte Kapitalallokation ist daher essenziell, um nachhaltig profitabel zu wachsen.
Banken müssen ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio kritisch überprüfen und unprofitable Geschäftsbereiche konsequent abstoßen. Statt Ressourcen in margenschwache Segmente zu investieren, sollten sie sich auf strategische Kernbereiche konzentrieren, die langfristiges Wachstum ermöglichen.
4. Wachstum durch Partnerschaften und Zukäufe
Skaleneffekte spielen eine entscheidende Rolle für die Rentabilität. Banken mit einer Bilanzsumme von über 100 Milliarden Euro haben im Durchschnitt um 20 Prozent geringere Kosten pro Asset als kleinere Institute. In einem stagnierenden Marktumfeld wird es daher immer wichtiger, durch gezielte Zukäufe und Partnerschaften neue Wachstumsfelder zu erschließen.
5. IT-Modernisierung beschleunigen
Banken investieren zwar hohe Summen in ihre IT, doch nur 20 Prozent bis 25 Prozent dieser Mittel fließen in echte Innovation und Modernisierung. Gleichzeitig steigt das Risiko durch Cyberattacken. Eine beschleunigte Transformation der IT ist daher unerlässlich. Banken müssen alte IT-Systeme zügig ablösen, um Kosten zu senken und die digitale Sicherheit zu verbessern.
Fazit: Transformation als Erfolgsfaktor
Die kommenden Jahre werden für Banken herausfordernd. Eine erfolgreiche Transformation erfordert entschlossenes Handeln in den Bereichen Digitalisierung, Betriebsmodelle, Kapitalallokation, strategische Partnerschaften und IT-Modernisierung. Nur wer aktiv in die eigene Zukunft investiert, wird langfristig erfolgreich sein. Jetzt ist die Zeit, das Segel neu zu setzen.