Letzte Woche habe ich über die neue Zentrale der Sparda-Bank Nürnberg und das dahinter stehende Führungsmodell berichtet. Heute nun folgt ein ausführliches Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden über gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen, auch durch die Digitalisierung.

Moderne Führung bedeutet die Betonung der gemeinsamen Arbeit, um Ziele zu erreichen.
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Wie berichtet, hat die Sparda Bank Nürnberg vor kurzem eine neue Verwaltungszentrale fertig gestellt. Interessant ist dabei vor allem der Zusammenhang zwischen der dahinter stehenden Führungsphilosophie und der architektonischen Gestaltung, welche die Kommunikation und die Zusammenarbeit im Haus besonders betonen und unterstützen soll.

Vor diesem Hintergrund habe ich mit Stefan Schindler (Jahrgang 1968), der seit kurzem Vorsitzender des Vorstandes der Bank ist, ein ausführliches Interview geführt. Darin ging es nicht nur um den Neubau sondern vor allem um die Philosophie dahinter, aber auch um aktuelle Herausforderungen durch die zunehmende Digitalisierung und um die Zukunftsperspektiven für die Bank. Dabei kamen vielfältige und ausgesprochen spannende Einblicke zutage.

Ein Neubau als Keimzelle für moderne Führung und Kommunikation

Der Bank Blog: Im Volksmund heißt es ja, wer sein eigenes Haus bauen will, sollte dies dreimal tun: Beim ersten Mal für einen Feind, beim zweiten Mal für einen Freund und beim dritten Mal für sich selbst. Wie sehen Sie dies im Hinblick auf Ihre neue Zentrale?

Wenn man privat ein Haus baut, kann ein guter Architekt helfen, dass die von Ihnen genannten Effekte nicht auftreten und man von Anfang an zufrieden ist. Im Hinblick auf unsere Zentrale haben wir uns nicht nur frühzeitig und in jeder Planungs- und Bauphase sehr gründlich überlegt, was wir erreichen wollen, sondern uns dann auch ausreichend Zeit dafür genommen, diese gesetzten Ziele zu erreichen. Nach den ersten Monaten fällt die Bilanz durchweg positiv aus. Unsere Mitarbeiter erleben das Arbeiten in der neuen Unternehmenszentrale mit viel Freude und Motivation.

Welche Themen und Ziele standen für Sie denn im Vordergrund?

Das für mich wichtigste Ziel war die Förderung der Kommunikation auf allen Ebenen. Das haben wir vor allem durch die neu konzipierten Meeting- und Besprechungsräume erreicht. Diese ermöglichen durch die offene Gestaltung eine vollkommen neue Dimension der Zusammenarbeit. Die Räume sollen aber nicht nur zum Arbeiten genutzt werden, sondern auch für Pausen.

Ein weiteres Ziel war eine möglichst offene Bürokommunikation. Anstelle von Einzelbüros haben wir daher ein Open-Space-Konzept realisiert. Dadurch ist sichergestellt, dass jeder auch etwas über die Arbeit der Kollegen aus anderen Abteilungen erfährt.

Besonders am Herzen lag uns die Förderung der bereichs- und hierarchieübergreifenden Kommunikation. Dies haben wir u. a. dadurch erreicht, dass wir große Abteilungen ganz bewusst auf zwei oder drei Etagen aufgeteilt haben. Außerdem gibt es keine bereichseigenen Besprechungsräume mehr. Alle Meetingpoints werden von allen Abteilungen genutzt.

Mitarbeiter und eine neue Arbeitswelt

Sie haben ja die Mitarbeiter schon in die Entstehung eingebunden. Wie muss man sich das genau vorstellen?

Die neue Open-Space-Architektur hat die Arbeitswelt unserer Mitarbeiter nachhaltig verändert. Daher waren uns die Einbindung der Mitarbeiter und die Förderung des bankinternen Dialogs von Beginn an sehr wichtig. Unser Ziel war und ist es, dass der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz nicht nur mit seinem Schreibtisch, sondern mit dem gesamten Unternehmen verbindet.

Konkret haben wir seit Beginn der Planungsphase des neuen Gebäudes die Mitarbeiter in jeden Schritt der Entstehung eingebunden. Sie konnten u. a. ihre Vorschläge in Projektgruppen einbringen und haben eigenverantwortlich die Konzepte der Meetingpoints entwickelt. Abschließend haben alle Mitarbeiter vier Favoriten gewählt, die dann so auch 1:1 umgesetzt wurden. Gleiches galt auch für die Auswahl der Büromöbel.

Begleitet wurde der gesamte Entstehungsprozess durch einen eigenen internen Blog, auf dem sich die Mitarbeiter immer über den aktuellen Stand informieren konnten. Hinzu kamen Mitarbeiterveranstaltungen und Videos – so waren die Mitarbeiter sehr eng in die zweieinhalb Jahre Projektphase eingebunden und haben das Projekt „Eilgut 2014“ wirklich aktiv mitgestaltet.

Ist es im Zeitalter der Digitalisierung überhaupt noch zeitgemäß, ein mehr oder weniger reines Verwaltungsgebäude für 170 Mitarbeiter im Zentrum einer Stadt zu haben?

Die Zentralität war und ist für uns und unsere Mitarbeiter wichtig. Historisch gesehen sind wir ja eine Eisenbahnerbank mit traditioneller Nähe zum Bahnhof. Aus heutiger Sicht gibt es gute Argumente für die zentrale Lage mit idealer Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz einerseits sowie an die Einkaufsmöglichkeiten der Innenstadt andererseits: Da ist zum einen der hohe Anteil an Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Zum anderen haben wir sehr viele Pendler im Unternehmen. Als Arbeitgeber sind wird damit eher noch attraktiver geworden.

Stefan Schindler ist Vorsitzender des Vorstandes der Sparda-Bank Nürnberg

Führung in Gegenwart und Zukunft

Wie würden Sie die Führungsphilosophie und den Führungsstil bei der Sparda Bank Nürnberg beschreiben?

Wir legen großen Wert auf offene Kommunikation und auf Dialog. Hierarchie- und bereichsübergreifende Kommunikation und Förderung der Eigenverantwortung der Mitarbeiter sind uns dabei besonders wichtig. Die Mitarbeiter sollen die in ihrem Arbeitsbereich vorhandenen Entscheidungskompetenzen auch nutzen.

Wir sehen insbesondere den Begriff der „Sparda-Familie“ als großen Vorteil unseres Geschäftsmodells – sowohl gegenüber den Mitarbeitern, als auch gegenüber den Kunden, die ja Mitglieder unserer Genossenschaftsbank sind. Ein freundlicher und sympathischer Umgang miteinander und eine Förderung der Gemeinschaft gehören für uns daher untrennbar dazu.

Das neue Gebäude ist letztlich auch ein Sinnbild für diese Philosophie und soll uns dabei unterstützen, sie zu leben. Bereits nach den ersten Monaten können wir erkennen: Es funktioniert!

Warum spielen die Themen Gemeinschaft und Kommunikation in Ihrer Auffassung von Unternehmensführung eine so große Rolle?

Dafür gibt es drei Gründe: Erstens, weil ich Dialog und Miteinander als essenzielle Bestandteile einer gesunden und menschlichen Unternehmenskultur betrachte. Zweitens, weil die sogenannte „Generation Y“ und deren veränderten Lebenssituationen die Anforderungen an Arbeitgeber und Arbeitszeitmodelle verändert haben. Und als dritten Grund sehe ich natürlich auch unsere Kunden: Bei Genossenschaftsbanken ist das Miteinander ja bereits im Geschäftsmodell verankert. Aber es sind letztlich die Menschen, die eine Marke ausmachen und dafür sorgen, dass eine hohe Wiedererkennung, auch beim Kunden, entsteht. Und ich glaube fest daran, dass das, was wir nach innen leben, letztlich auch nach außen strahlt und damit auch vom Kunden so wahrgenommen wird.

Dem Vorstand über die Schulter schauen

Führung endet ja nicht beim Vorstand, sondern beginnt vielmehr dort. Wie sieht Ihr persönlicher Beitrag zur neuen Führungsphilosophie aus?

Wir halten unsere Vorstandssitzungen mittlerweile ganz bewusst auch mal in den dezentralen Meetingpoints ab. Den ursprünglich nur für die Bauphase geplanten Blog werden wir auf jeden Fall als Informationsmedium weiterführen. Ich selbst tausche mich regelmäßig mit den Mitarbeitern aus, um dabei hierarchieübergreifend zu erfahren, was die Mitarbeiter in der Bank bewegt, was besonders gut läuft und wo wir vielleicht noch etwas tun müssen.

Darüber hinaus gehen meine Kollegen und ich nicht nur raus in die Filialen und Abteilungen, sondern wir werden zukünftig interessierten Mitarbeitern auch anbieten, bei uns im Vorstand zu „hospitieren“, uns also im Alltag über die Schulter zu schauen. Ich bin jetzt schon sehr gespannt, wie die Mitarbeiter dieses Angebot annehmen werden.

Was hat sich für Sie verändert, seit Sie Vorsitzender des Vorstandes sind (das ist ja noch nicht so lange her)?

Insgesamt liegt mir, wie bereits erwähnt, besonders die Förderung des Dialogs sehr am Herzen. Und zwar nicht nur nach innen, sondern auch nach außen zu unseren Kunden.

Das entspricht ja auch dem genossenschaftlichen Prinzip. Genossenschaft steht für Gemeinschaft und Gemeinschaft bedeutet modern übersetzt Community. Dabei geht es um Kommunikation und Austausch. Dieses Prinzip ist in der heutigen Zeit moderner denn je. Dazu gehören für uns z. B. Workshops mit Kunden, die Entwicklung neuer Filialen unter Einbezug der Kunden sowie die Themen Bewertungsportale und soziale Medien.

Zur Digitalisierung der Finanzdienstleistungen

Die Digitalisierung stellt vor allem Filialbanken vor neue Herausforderungen. Wie sehen Sie das Spannungsfeld zwischen Online- und Filialvertrieb?

Wenn man zurückblickt, kann man drei Epochen des Bankgeschäfts unterscheiden:

  • Mitte der 80er bis Mitte der 90er Jahre dominierte das Transaktionsgeschäft. Bargeld, Überweisungen waren besonders wichtig.
  • Mitte der 90er bis 2010 stand das Thema Beratung in den Filialen im Mittelpunkt.
  • Seit 2010 hat die Digitalisierung dem Bankgeschäft eine vollkommen neue Dynamik verliehen.

Schon heute werden bei uns 10% der Neukundenverträge, 40% der Geldanlagen und 35% der Privatkredite über das Internet abgeschlossen. Wir verstehen uns selbst als eine Direktbank mit Filialen: Auf der einen Seite günstige Konditionen, innovative Leistungen und einfache Abwicklung wie bei einer Direktbank, auf der anderen Seite qualifizierte und persönliche Beratung, wie es für eine Filialbank typisch ist.

Eine besondere Herausforderung der Digitalisierung sehen wir darin, die dort implizierte Anonymität in eine vertrauensvolle persönliche Beziehung umzuwandeln.

Speziell einer Zentrale kommen dabei vollkommen neue Aufgaben zu, da dort die E-Mails und digitalen Aufträge landen. Daher ist es für uns so wichtig, dort, quasi als Gegenpol zum Internet, die persönliche Kommunikation zu fördern.

Den Filialen kommt in diesem Zusammenhang eine immer stärker werdende Rolle bei der persönlichen Kundenberatung und -beziehung zu. Daher wollen wir die neue Offenheit und Unkompliziertheit der Kommunikation in unserer Zentrale auch in die Filialen übertragen.

Wie gut ist die Sparda-Bank Nürnberg für die digitalen Herausforderungen der Zukunft gewappnet?

Wir sehen uns gut gerüstet für die Zukunft! Unser wichtigstes Ziel ist eine persönlich gestaltete digitale Kommunikation mit den Kunden. So wird das Thema Online-Beratung derzeit in den verschiedensten Varianten intensiv geprüft, getestet und weiterentwickelt. Weitere wichtige Themen haben wir schon konkret in der Planung, wie z. B. das „personal finance management“ – oder wie wir es nennen – das elektronische Haushaltsbuch.

Eine besondere Herausforderung besteht natürlich darin, immer schnell genug zu sein, um mit den digitalen Entwicklungen Schritt zu halten. Dem stellen wir uns gerne!

Zur Gegenwart und Zukunft der Sparda-Bank(en)

Nürnberg ist ja ein Bankplatz mit starkem Wettbewerb. Worin unterscheidet sich die Sparda-Bank von den anderen Banken?

Da sind zum einen die bodenständigen Werte einer Genossenschaftsbank, die sich als Partner für ihre Kunden und Mitglieder versteht. Wir sind und bleiben eine reine Privatkundenbank und sind zudem einer der größten regionalen Förderer, egal ob es um die Themen Kultur, Bildung, Umwelt oder Soziales geht. Damit präsentieren wir uns als „andere“ Bank, die sich der Förderung ihrer Mitglieder und der Region besonders verpflichtet zeigt.

Unser Angebot weist ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Beim gebührenfreien Girokonto und unserer Baufinanzierung werden wir z. B. seit Jahren von der Stiftung Warentest ausgezeichnet.

Und beim Kundenmonitor liegen die Sparda-Banken zum 22. Mal in Folge auf Platz Eins, auch weil unsere Mitarbeiter freundlich und fair sind und eine hohe Servicekultur verinnerlicht haben.

Und wo sehen Sie zukünftige Herausforderungen?

Das Wettbewerbsumfeld ändert sich, sei es im Bereich Zahlungsverkehr oder auch bei der Geldanlage. Wir bekommen es mit neuen, branchenfremden Wettbewerbern zu tun, die vermehrt traditionelle Bankgeschäfte anbieten. Dies sind nicht nur die Direktbanken, sondern auch Internetanbieter (Stichwort „Fintech“), die mit neuen Angeboten und Geschäftsmodellen auf den Kunden zugehen.

Wird es in 20 Jahren noch Sparda-Banken geben?

Ich bin fest davon überzeugt, dass es die Sparda-Bank in 20 Jahren noch geben wird – aber sicherlich mit einer grundlegend veränderten Produkt- und Dienstleistungspalette. Vermutlich wird es im einen oder anderen Bereich Weiterentwicklungen und möglicherweise sogar völlig neue Geschäftsmodelle geben, die wir heute noch gar nicht kennen.

Wo sehen Sie die Sparda-Bank Nürnberg in 20 Jahren?

Ich sehe sie weiterhin als eine der erfolgreichen Privatkundenbanken in Nordbayern. Möglicherweise wird sie dann aber auch Kundenbedürfnisse in ganz anderen Geschäftsfeldern als heute erfüllen. Wir überlegen uns schon heute, wie wir einerseits das Thema Genossenschaft neu denken und weiterentwickeln können und andererseits auch neben dem Thema Geld möglichst nah bei den Menschen sein können, um damit unser Geschäftsmodell über die finanzielle Komponente hinaus weiterzuentwickeln.

Neue Bereiche, welche die zukünftigen Bedürfnisse der Menschen abdecken, werden an Bedeutung gewinnen. Dies aber immer in Verbindung mit dem genossenschaftlichen Prinzip, das gut zur Share Economy von morgen passt. Dabei werden möglicherweise auch neue Kooperationen interessant werden. Wichtig wird es vor allem sein, den Kunden in seinem Lebensalltag zu erreichen und kontinuierlich zu begleiten.

Das klingt nach spannenden Aussichten für die Zukunft. Herzlichen Dank für das Gespräch.