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Was macht digitale Neuerungen zu Innovationen?

Drei FinTech-Trends unter der Lupe

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Innovationen sind seit jeher ein wesentlicher Bestandteil, wenn nicht gar Motor technischen und wirtschaftlichen Fortschritts. Doch längst nicht jede Neuerfindung hat bekanntlich das Zeug zur Innovation. Oder anders formuliert: Nicht alles ist Gold, was glänzt…

Innovationsanalyse von FinTech-Trends

Sind neue FinTech-Trends immer zugleich auch Innovationen?

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Horváth ist Partner des Bank Blogs

Mittlerweile pfeifen die Spatzen es von allen Dächern: Die Digitalisierung ist da! Dieser grundlegende Wandel ist längst in vollem Gange, gerade auch im Finanzwesen. Verständlicherweise lässt sich bei allen Beteiligten eine rege Betriebsamkeit beobachten, um auf die allgegenwärtigen Herausforderungen, aber auch Chancen dieser Entwicklung zu reagieren und sie mitzugestalten.

Diese Situation erzeugt ein Spannungsfeld: Einerseits kann und will man nicht jeder Modeerscheinung nachlaufen, die sich am Markt erst noch beweisen muss. Andererseits gilt es keine Trends zu verschlafen – um dann in einer veränderten Welt zu erwachen, umgeben oder vielmehr abgehängt von hellwachen Wettbewerbern.

Neue Akteure in Phasen des Umbruchs

Wie immer in solchen Phasen des Umbruchs, ruft dieser Prozess auch neue Akteure auf den Plan. Ihr Knowhow in Sachen Digitalisierung bringen sie ein, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehende Anbieter mit neuen Produkten und Dienstleistungen auszustatten. Ziel ist es, sich in einem stark verändernden Marktumfeld zu positionieren – möglichst der Konkurrenz einen Schritt voraus. Was wäre dazu geeigneter als digitale Innovationen?

Wer aber seine Position am Markt mithilfe von digitalen Innovationen stärken oder ausbauen möchte, steht früher oder später vor der Frage: Auf welches Pferd soll ich setzen?

Mit Robo Advice, Multibanking und Hybrider Beratung möchte ich drei Neuheiten herausgreifen, die in aller Munde sind, und sie kritisch hinterfragen: Halten die neuen „Innovationen“ im Zuge der Digitalisierung des Bankings und Wealth Management, was Kunden und Anbieter sich von ihnen versprechen? Sind es überhaupt echte Innovationen?

Der Kunde entscheidet über den Erfolg

Scheinbare Innovationen dienen Banken und Finanzdienstleister als Feigenblatt und Selbstberuhigung, um an die Digitalisierung einen Haken machen zu können. Diese rein kosmetische Maßnahme fällt spätestens dem Kunden auf – und ziemlich sicher auch bei ihm durch. Denn die in meinen Augen plausibelste Definition von Innovation umfasst folgende zwei zentrale Aspekte:

Wirklich innovativ ist ein neues Produkt oder eine Dienstleistung dann,

  1. wenn sie einen spürbaren Nutzen für den Kunden bieten.
  2. wenn sie den Anbieter in seiner Kernkompetenz stärken.

Ist eines dieser Kriterien nicht erfüllt, dann mag die Neuerung technisch noch so revolutionär, auf der Höhe der Zeit oder ihr sogar voraus sein; eine echte Innovation stellt sie dennoch nicht dar.

Entscheidend für den Erfolg einer Innovation am Mark ist in jedem Fall, dass sie auf echte Kundenprobleme antwortet und eine neuartige Lösung bietet, die einen signifikanten Mehrwert für den Kunden bringt. Dann kann ihre Einführung, die immer mit (Kosten-)Aufwand verbunden ist, zum Erfolg werden.

Der Mehrwert für den Kunden durch eine – insbesondere digitale – Innovation lässt sich anhand folgender drei Beispiele veranschaulichen:

Durch eine digitale Innovation wird etwas bislang

  1. Komplexes nun intuitiv verständlich,
  2. Zeitaufwendiges nun auf Knopfdruck erledigt,
  3. Elitäres nun für (fast) alle zugänglich.

Jeder Finanzberater sieht sich mit einer grundlegenden Herausforderung konfrontiert, an der zugleich ein Gutteil seiner Daseinsberechtigung hängt: Eine finanzielle Allgemeinbildung ist in der breiten Bevölkerung und damit auch bei seinen Mandanten häufig sehr lückenhaft bis gar nicht vorhanden.

Gerade der erste Punkt lässt sich vor diesem Hintergrund in seiner Bedeutung für unsere Branche gar nicht hoch genug einschätzen. Wie ich aus meiner eigenen langjährigen Berufserfahrung als Vermögensberater weiß, begegnen sich in der Finanzberatung zwei Parteien mit sehr asymmetrisch verteilter Expertise und Vorwissen zur Materie. Wäre das anders, gäbe es trivialerweise auch keinen Beratungsbedarf.

Schauen wir uns die drei vermeintlichen Innovationen der Reihe nach an.

1. Robo Advisor

Viele halten Robo Advisor deshalb für eine Innovation, weil die Investmentstrategie oder ihre automatisierte Umsetzung mithilfe von Algorithmen besonders innovativ sei. Das stimmt aber höchstens teilweise.

Vor Einführung der Robo Advisor war eine individuelle Vermögensverwaltung als „Premium-Dienstleistung“ einer vergleichsweise kleinen, weil überdurchschnittlich vermögenden Klientel vorbehalten. Mithilfe von Robo Advice wurde aus der manufakturartigen und dadurch elitären Einzellösung ein standardisiertes und damit skalierbares Produkt für Jedermann. Der Mehrwert besteht also ganz klar darin, dass nun ganz neue Personengruppen mit niedrigeren Anlagebeträgen in den Genuss einer Vermögensverwaltung kommen. Mein Professor im Portfoliomanagement sagte bereits 2002: „Die Vermögensverwaltung ist die Kunst, ein standardisiertes Produkt, individuell zu verkaufen“ und genau das wird jetzt wahr!

Bisher haben sich die verschiedenen Anbieter primär über die Investmentstrategie und die Berücksichtigung individueller Restriktionen differenziert. In Zukunft wird die Differenzierung aller Voraussicht nach vor allem über den Preis erfolgen. Im Übrigen handelt es sich um das gängige Handwerkszeug von Portfoliomanagern, das neu verpackt wurde.

Was sich aber von Robo-Advisern lernen lässt: Sie haben es geschafft, den Kunden mit einzubeziehen, ihn Daten spielerisch selbst erfassen zu lassen – der Kunde wird zum „Mitarbeiter Nr. 1“.

2. Multibanking

Durch die Einführung von PSD2 verlieren die Banken ihre Hoheit über die Daten ihrer Kunden. Viele Banken versuchen dem entgegenzuwirken, indem sie eigene Angebote (App sowie Online-Banking) platzieren. Für Inhaber von Konten und Depots bei mehreren Banken ergibt sich dadurch eine Zeitersparnis: Ein Login reicht, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Nur: dieser Überblick steht den Beratern nicht im Beratungsprozess zur Verfügung. Eine aktuelle Vermögensbilanz zu erstellen, bleibt ein zeitaufwändiges Unterfangen. Hier zeigt sich einmal mehr die mangelnde Fähigkeit, gewonnene Kundendaten zum Nutzen sowohl des Endkunden als auch der Bank zu verwenden. Genauer: sie zu verwerten, also wertschöpfend Gebrauch davon zu machen.

3. Hybride Beratung

Hybride Beratung meint die Vereinigung zweier unterschiedlicher Sphären: Das persönliche Beratungsgespräch wird kombiniert mit digitaler Kundeninteraktion. Damit ist nicht die Kommunikation per E-Mail gemeint, sondern der Einsatz speziell dafür entwickelter Software. Was muss diese Software können, um innovativ zu sein?

Meiner obigen Definition zufolge sollte sie vor allem einen Mehrwert für Kunden schaffen: Beispielsweise indem sie ihm die Möglichkeit gibt, mithilfe interaktiver Grafiken sein Vermögen auf neue, spielerische Art kennenzulernen und stets im Blick zu behalten. Das Ziel ist es dabei, dem Kunden eine leicht gangbare Brücke zu bauen, die diesen zur Handlung motiviert und ihn zum Beispiel vom Sparer zum Investor macht.

Für den Berater stellt sich zudem häufig die Frage, ob das Digitale das Persönliche überwiegen oder gar verdrängen wird. Ich bin fest davon überzeugt – und diese persönliche Überzeugung lässt sich mit empirischen Daten untermauern –, dass sich die persönliche Finanzberatung nicht vollständig wegdigitalisieren lässt. Gleichzeitig bin ich mindestens genauso überzeugt, dass Beratung nur dann zukunftsfähig ist, wenn sie auch die Sprache des Digitalen zu sprechen lernt.

So eignet sich das Multibanking hervorragend als effiziente Möglichkeit, um im Beratungsprozess Daten zu gewinnen. Robo-Advice wiederum kann die eigene Produktpalette ergänzen– und am Ende des Beratungsprozesses als Produkt zum Einsatz kommen, wenn es an die operative Umsetzung der gemeinsam entwickelten Anlagestrategie geht. Worauf es dabei ankommt, ist ein ausreichend großer Spielraum: Die Software sollte sich der Persönlichkeit des Beraters anpassen, nicht umgekehrt. Wichtig ist also eine ganzheitliche Unterstützung, sowohl im reinen Backoffice als auch auf dem Tablet beim Kunden vor Ort.

Im Idealfall entsteht so eine intelligente Synthese aus den empathischen Fähigkeiten des Menschen und den neuen, digitalen Möglichkeiten – um ein bisher nie dagewesenes Kundenerlebnis zu bieten und gleichzeitig effizient zu arbeiten.

Schuster, bleib bei deinem Leisten!

Neben dem Kundennutzen ist für die Beantwortung unserer Ausgangsfrage unerlässlich, die eigenen Stärken zu kennen und sich auf sie zu besinnen. Nur so ist gewährleistet, sich als Finanzdienstleister mit den richtigen Themen und Innovationen zu beschäftigen.

Liegt die eigene Kernkompetenz im Asset Management, dann kann Robo-Advice eine sinnvolle Abrundung sein, um z.B. die eigene Dienstleistung einer Klientel zugänglich zu machen, die wegen Mindestanlagesummen bisher nicht bedient wurde.

Besteht das Kerngeschäft hingegen in der persönlichen Beratung, dann empfiehlt sich als Antwort auf den digitalen Wandel die hybride Beratung: mit Multibanking zur effizienten Datengewinnung und Robo-Advice ggf. als Produkt zur Umsetzung, jedoch mit untergeordneter Priorität.

Über den Autor

Marco Richter

Marco Richter ist Mitgründer und Geschäftsführer des Software-Anbieters wealthpilot, einer SaaS-Lösung für die hybride Beratung. Er ist Certified Financial Planner, besitzt einen Master in Wealth Management und war rund 20 Jahre bei Deutsche Bank, Bethmann Bank und zuletzt bei der Commerzbank im Wealth Management tätig. Der Buchautor wurde 2017 mit dem Wissenschaftspreis des „Financial Planning Standards Board“ ausgezeichnet.

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