Die EU-Taxonomie fordert Finanzinstitute heraus, Nachhaltigkeitsdaten präzise zu erfassen und zu nutzen. Warum die Fortschritte bislang gering ausfallen und welche Faktoren Banken und Vermögensverwalter dabei beeinflussen, zeigt ein aktueller Branchenblick.

Finanzinstitute stehen bei der Umsetzung der EU-Taxonomie vor Chancen und Herausforderungen.
Seit dem Geschäftsjahr 2023 müssen Finanzunternehmen die Taxonomiekonformität ihrer Investmentportfolios im Hinblick auf die beiden Klimaziele der EU – Klimaschutz (Ziel 1) und Anpassung an den Klimawandel (Ziel 2) – offenlegen. Zusätzlich ist die Taxonomiefähigkeit für alle sechs EU-Umweltziele zu erfassen. Diese sind:
- Klimaschutz – Verringerung oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen.
- Anpassung an den Klimawandel – Verringerung der Risiken und Schäden durch Klimafolgen.
- Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen – Erhaltung und Verbesserung der Wasserqualität und -quantität.
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft – Ressourceneffizienz, Wiederverwendung, Recycling und Abfallvermeidung.
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung – Reduzierung von Schadstoffen in Luft, Wasser und Boden.
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme – Erhalt natürlicher Lebensräume und Artenvielfalt.
Die Meldung erfolgt jeweils bezogen auf den Umsatz („Turnover“) und die Investitionsausgaben („CapEx“).
Im Jahr 2024 konnten Finanzinstitute erstmals nicht nur auf Vorjahresdaten aus dem Industriesektor, sondern auch auf Daten aus dem Finanzsektor selbst zugreifen. Trotz dieser erweiterten Datengrundlage und wachsender Erfahrung mit der Umsetzung der EU-Taxonomie blieben die durchschnittlichen Werte für Taxonomiefähigkeit und -konformität nahezu unverändert. Zudem nutzten nur wenige Institute die erhobenen Daten für ihre strategische Planung, wie eine Studie von PwC ermittelt hat.
Einflussfaktoren auf die Taxonomiewerte
Die Höhe der Taxonomiewerte hängt stark vom Geschäftsmodell und der Zusammensetzung des Anlageportfolios ab. Niedrige Quoten entstehen häufig durch einen hohen Anteil an Geschäftsbeziehungen mit Nicht-EU-Unternehmen, die nicht berichtspflichtig sind. Höhere Werte finden sich dagegen oft in Immobilien- und Hypothekenportfolios, wo die Datenlage durch Energieausweise oder Zertifikate deutlich besser ist.
Ein weiteres Hindernis ist die uneinheitliche Berechnungsmethodik der Finanzinstitute, die die Vergleichbarkeit der Zahlen erschwert. Die EU-Omnibusentwürfe sehen hier gezielte Verbesserungen vor, um die Datenqualität und Konsistenz zu erhöhen.
Entwicklung bei europäischen Banken
Für europäische Banken sank die durchschnittliche umsatzbasierte Taxonomiefähigkeit von 32,8 Prozent (Geschäftsjahr 2023) auf 28,4 Prozent (2024). CapEx-basiert fiel der Wert von 33 Prozent auf 29,6 Prozent. Gleichzeitig verbesserten sich jedoch die Konformitätsquoten: Die Green Asset Ratio stieg umsatzbasiert von 2,2 Prozent auf 2,9 Prozent und CapEx-basiert von 2,3 Prozent auf 3,2 Prozent.
Vor allem im Immobilien- und Hypothekenbereich konnten Banken von der Verfügbarkeit zusätzlicher Energiedaten profitieren. Rund 70 Prozent der untersuchten Banken greifen hierfür auf Energieausweise (EPCs) oder vergleichbare Zertifikate zurück.
Ergebnisse bei Vermögensverwaltern
Vermögensverwalter wiesen 2024 eine deutlich geringere Taxonomiefähigkeit als Banken auf, während die Konformitätsquoten auf ähnlichem Niveau lagen. Umsatzbasiert betrug die durchschnittliche Taxonomiefähigkeit 9,9 Prozent, CapEx-basiert 9,6 Prozent. Die Konformität lag umsatzbasiert bei 2 Prozent und CapEx-basiert bei 2,3 Prozent.
Diese Werte zeigen, dass die Umsetzung der EU-Taxonomie im Asset-Management-Bereich noch am Anfang steht und erhebliches Potenzial für Verbesserungen besteht.
Strategische Nutzung noch ausbaufähig
Bisher werden Taxonomiedaten von Finanzinstituten überwiegend nicht für strategische Entscheidungen oder Investitionsplanungen eingesetzt. Gründe sind unter anderem die aktuell niedrigen Konformitätsquoten sowie die starke Abhängigkeit der Taxonomiefähigkeit von branchenspezifischen Geschäftsmodellen, was die Vergleichbarkeit einschränkt.
Mit zunehmender Harmonisierung der Berechnungsmethoden und einer verlässlicheren Datengrundlage könnten die Kennzahlen künftig jedoch zu einem zentralen Steuerungsinstrument für nachhaltige Finanzprodukte werden.
Ausblick: Potenzial für grüne Finanzströme
Ohne eine klare strategische Nutzung der Taxonomiedaten wird die Taxonomieverordnung ihr Ziel – Kapitalflüsse in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken – nicht erreichen. Die Überarbeitung der Sustainable Finance Disclosure Regulation dürfte neue Produktkategorien schaffen, die die Integration von Taxonomiedaten in grüne Finanzprodukte fördern.
Angesichts wachsender Klima- und Biodiversitätsrisiken ist es für Finanzinstitute entscheidend, ihre Dekarbonisierungspfade konsequent fortzusetzen. Die gezielte Nutzung von Taxonomiedaten als Teil eines umfassenden Steuerungssystems kann dabei helfen, Produktportfolios zukunftssicher und nachhaltig auszurichten.
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