„Es kommt auf die Rahmenbedingungen an“

Fragen zur Bundestagswahl 2021 an Christian Dürr, FDP

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In der anstehenden Bundestagswahl geht es auch um Zukunftsthemen für die Finanzbranche. Über die Ziele und Vorhaben der FDP habe ich mich mit deren stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr unterhalten.

Bundestagswahl 2021: Implikationen für die Finanzbranche

Bank- und finanzpolitische Schwerpunkte der Parteien zur Bundestagswahl 2021.

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Was planen die Parteien in der nächsten Wahlperiode für den Finanzsektor? Der Bank Blog hat die wichtigen im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, dazu einige Fragen zu beantworten. Mitgemacht haben Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Union und SPD haben trotz mehrfachem Nachfragens „aus zeitlichen Gründen“ abgesagt. Die Linke hielt – nach vorheriger Zusage – eine Absage wohl für nicht erforderlich…

Interview mit Christian Dürr MdB und stellvertretender Fraktionsvorsitzender, FDP

Christian Dürr ist Bundestagsabgeordneter und stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender. Der Diplom-Ökonom ist Leiter des Arbeitskreises Haushalt und Finanzen. Er ist Spitzenkandidat für die FDP Niedersachsen an und wird daher auch im kommenden Bundestag vertreten sein.

Christian Dürr - MdB und stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender

Christian Dürr ist Bundestagsabgeordneter und stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender und verantwortet den Bereich Haushalt und Finanzen.

Finanzwirtschaft als Innovator und Partner von Veränderung

Der Bank Blog: Wie sieht Ihr Zukunftsbild vom Finanz- und Bankenstandort Deutschland aus?

Christian Dürr: In der kommenden Legislaturperiode stellen wir die Weichen für die Zukunft. Der Finanzplatz Deutschland wird dabei eine ganz entscheidende Rolle in der Bewältigung der drei großen “D”s spielen: Dekarbonisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel. Als verlässlicher Finanzierungspartner für deutsche und europäische Unternehmen muss die Finanzwirtschaft daher international wettbewerbsfähig sein, um als Innovator und Partner die Veränderungen in der Wirtschaft zu fördern. Nur mit einer modernen Finanz- und Steuerpolitik für die richtigen Rahmenbedingungen auf der einen Seite und einem attraktiven Finanzstandort auf der anderen Seite können wir diese Herausforderungen meistern.

Der Bank Blog: Niedrigzinsen, sinkende Erträge, Investitionen in die Digitalisierung und neue Wettbewerber aus dem Technologiebereich stellen die deutsche Finanzbranche steht gewaltige Herausforderungen. Wo kann und soll die Politik durch geeignete Rahmenbedingungen helfen?

Christian Dürr: Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Finanzinstitute und die Attraktivität unseres Finanzstandorts ist für die gesamte Wirtschaft von Bedeutung. Daher müssen wir die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Bewältigung der anstehenden Aufgaben von den Finanzmärkten unterstützt werden kann. Entsprechend müssen wir Doppelungen beim Meldeaufwand und andere bürokratische und kostentreibende Aufzeichnungs- und Informationspflichten auf den Prüfstand stellen. Es muss stets abgewogen werden, ob ein tatsächlicher Mehrwert an Transparenz und Verbraucherschutz besteht, der einen zusätzlichen Aufwand rechtfertigt. Außerdem wollen wir die Unternehmensbesteuerung in Deutschland auf den OECD-Durchschnitt von 25 Prozent senken, um Investitionen und Wachstum zu ermöglichen. Und auch die Finanzaufsicht kann ihren Teil zur Förderung des Standorts Deutschland beitragen.

Die Aufsicht muss mit den Entwicklungen Schritt halten

Der Bank Blog: Sie fordern „eine zeitgemäße Bankenregulierung und Aufsicht“. Was genau verstehen Sie darunter und was muss sich konkret ändern, um dies zu erreichen?

Christian Dürr: Eine zeitgemäße Bankenregulierung und Aufsicht bedeutet, dass für Finanzstabilität in der Gegenwart und in der Zukunft gesorgt ist. Dazu gehört auch, dass Aufsichtsbehörden mit der Digitalisierung im Bankenwesen Schritt halten, neue Geschäftsmodelle verstehen, um sie angemessen beaufsichtigen zu können. Gerade der Wirecard-Skandal hat uns schmerzlich vor Augen geführt, dass es hier großen Nachholbedarf gibt. Außerdem ist es enorm wichtig, Innovationen in der Branche nicht von vornherein zu blockieren, sondern Chancen und Potenziale zu erkennen.

Innovationen sind wichtig

Der Bank Blog: Welche Bedeutung haben FinTech-Startups für den Finanzplatz Deutschland und wie sollte der regulatorische Rahmen für sie gesetzt werden?

Christian Dürr: Innovationen und neue Ideen sind in allen Wirtschaftszweigen wichtig. Daher freuen wir uns, wenn Gründerinnen und Gründer in Deutschland neue Geschäftsmodelle entwickeln, auch im Finanzbereich. Wir stehen auch für Möglichkeiten, in abgrenzten Bereichen beispielsweise sogenannte „regulatory sandboxes“ zuzulassen, um neue Entwicklungen zu fördern, offen gegenüber. Dass digitalere Geschäftsmodelle bisweilen die Grenzen zwischen FinTechs und Banken verschwimmen lassen, heißt aber auch, dass sich die Aufsicht entsprechend anpassen muss.

Bei Kryptowährungen kommt es auf eine vernünftige Regulierung an

Der Bank Blog: Sie wollen Bargeld erhalten und Krypto-Währungen fördern. Wie ist Ihre Haltung zum digitalen Euro und zu privaten digitalen Währungen, wie z.B. Facebooks Diem?

Christian Dürr: Ich sehe in den beiden Forderungen keinen Widerspruch. Das Bargeld muss nicht ersetzt werden, aber es ist wichtig, dass wir auch Zahlungsarten auf Basis neuer Technologien ermöglichen. Wir sollten digitale Zahlungsmethoden endlich als ein Zeichen des Fortschritts begreifen. Inwiefern der digitale Euro am Ende ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten. Auch hier gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen, mal mehr, mal weniger bahnbrechend. In der Diskussion bleibt es aber wichtig, zwischen Währungen und anderen Rechnungseinheiten zu unterscheiden. Auch Krypto-Währungen sollten nicht von vornherein Steine in den Weg gelegt werden, es kommt nur auf eine vernünftige Regulierung an.

Der Bank Blog: Es gibt mahnende Stimmen aus den Banken, befürchten, Krypto-Währungen können die Finanzstabilität gefährden und Banken auf eine reine Zuträgerrolle reduzieren oder sogar verdrängen. Wie wollen Sie diese negativen Auswirkungen verhindern?

Christian Dürr: Ich halte die Rolle der Banken in Deutschland und Europa für extrem wichtig. Wir sehen, dass etwa bei Finanzierungen im Unternehmens- oder im Privatkundensektor der Bankkredit weiterhin die dominierende Finanzierungsform ist. Die fortschreitende Digitalisierung auch im Finanzsektor hat neue Finanzierungsformen wie Crowdfunding oder Anlageformen wie Krypto-Token geschaffen, deren Chancen wir nutzen können, sofern es keine Abstriche bei der Finanzstabilität gibt. Und genau das muss der Schlüssel sein: Statt von der Seitenlinie aus zuzuschauen, sollten wir offen sein für neue Entwicklungen, um sie von Beginn an mitbestimmen zu können.

Der Bank Blog: Sie fordern, der Staat müsse seine Beteiligung an der Commerzbank abbauen. Wie sieht Ihr Plan dazu aus, um Verluste für den Steuerzahler zu vermeiden?

Christian Dürr: Die Verluste sind Realität, da darf man den Steuerzahlern nichts vormachen. Es war auch nie davon auszugehen, dass die Bankenrettung ein Gewinngeschäft wird. Ein Verkauf ist jetzt notwendig, allein aus Wettbewerbsgründen. Zudem könnte man die Einnahmen zum Schuldenabbau nutzen.

Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer

Der Bank Blog: Sie fordern weiterhin, die Beteiligungen an den Landesbanken abzubauen. Stellen Sie das Drei-Säulen-System aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Banken und Genossenschaftsbanken damit infrage? Wie stehen Sie zu sektorübergreifenden Fusionen, um zu auskömmlichen Betriebsgrößen zu gelangen?

Christian Dürr: Ich glaube, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist. Entsprechend kritisch sehe ich Beteiligungen an im Wettbewerb stehenden Banken, wie der Commerzbank oder den Landesbanken. Das Drei-Säulen-Modell wollen wir jedoch nicht infrage stellen. In allen drei Säulen gibt es Bemühungen, zu effizienteren Strukturen zu gelangen. Wir wissen, dass diese Prozesse durchaus herausfordernd sein können. Deswegen sollten diese Entscheidungen innerhalb der Säulen nach bestmöglichen, betriebswirtschaftlichen Erwägungen getroffen werden, die die Politik respektieren muss.

Bei der Geldwäschebekämpfung müssen wir schlagkräftiger werden

Der Bank Blog: Sie „setzen sich für die uneingeschränkte Nutzbarkeit von Bargeld als Zahlungsmittel ein“. Deutschland gilt als Geldwäscheland. Das schädigt das Ansehen des Finanzplatzes. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Christian Dürr: In dieser Wahlperiode sind die Geldwäschevorschriften zwar noch einmal verschärft worden.  Der Wirecard-Skandal und die aktuellen Vorwürfe gegen die FIU legen jedoch nahe, dass Verdachtsmeldungen innerhalb der Behörden nicht rechtzeitig erkannt und bearbeitet wurden. Bei der Geldwäschebekämpfung müssen wir schlagkräftiger werden und uns noch besser aufstellen.  Hier hat das Bundesfinanzministerium unter Führung von Olaf Scholz vieles versäumt.

Es kommt auf die Rahmenbedingungen an

Der Bank Blog: Zum Schluss die entscheidende Frage: Warum sollten Führungskräfte und Mitarbeiter von Banken und Sparkassen oder anderen Unternehmen aus der Finanzbranche die FDP wählen?

Christian Dürr: Als Freie Demokraten wollen wir den Finanzplatz Deutschland stärken. Wir verstehen die Finanzmärkte als Chance und sehen die Potentiale, die ein moderner, zukunftsgewandter Standort für die Wirtschaft hat. Vor uns liegen große Herausforderungen beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung und dem demografischen Wandel. Wir wollen daher bessere Rahmenbedingungen schaffen – sowohl für die Unternehmen, deren Mitarbeiter als auch für die Anleger.

Der Bank Blog: Vielen Dank für das Gespräch.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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