Es gibt eine Vielzahl an Finanz-Gütesiegeln und Awards, die Anbieter gerne zur Schau stellen. Sie sollen Kunden Orientierung geben und bei Finanzentscheidungen helfen, so die Ausrichter. Eine Studie untersucht jetzt ihre tatsächliche Bedeutung.
Potenziellen Käufer von Finanzprodukten haben vielfältige Möglichkeiten, sich unabhängig zu informieren. Neben einschlägiger Literatur, unzähligen Finanzmagazinen stellt nicht zuletzt das Internet mit zahlreichen Vergleichsportalen umfangreiche Recherchemöglichkeiten zur Verfügung.
Dennoch ist über die letzten Jahre eine schier unübersehbare Fülle von Gütesiegeln und Awards für Finanzprodukte entstanden. Viele Institute schmücken sich im Marketing mit diesen Auszeichnungen. Die Ausrichter vermarkten sie als wichtigen Orientierungspunkt für Kundenentscheidungen.
Gütesiegel und Finanzentscheidungen
Aber haben Gütesiegel und andere Qualitätseinstufungen tatsächlich Einfluss auf den Kauf einer bestimmten Versicherung oder die Investition in einen bestimmten Fonds? Oder sind sie bloß lukrative Geschäftsmodelle der jeweiligen Initiatoren?
Eine Beantwortung dieser Fragen hat Relevanz insbesondere für die Anbieter von Finanzprodukten. Eine Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge aus dem Jahr 2021 hatte bereits gezeigt, dass insbesondere bei nachhaltigen Kapitalanlagen durchaus Siegel gewünscht werden bzw. vermisst wurden. In einer neuen Umfrage wurde nun untersucht, ob Siegel letztlich tatsächlich Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Die Analyse soll Orientierung geben, ob sich „Investitionen in Sterne“ wirklich lohnen.
Finanzratings spielen keine große Rolle für Anleger
Die Studie zeichnet ein ernüchterndes Bild. Demnach spielen Ratings, Sterne und Siegel für Finanzprodukte bei Entscheidungen privater Anleger kaum eine Rolle. Bei 63 Prozent der Befragten, die schon einmal eine Kapitalanlage vorgenommen haben, hat ein Rating oder eine andere Qualitätseinstufung keinerlei Rolle gespielt. Lediglich ein Viertel gab an, dass ein Rating Einfluss auf die jeweilige Entscheidung hatte. Der Rest wusste es schlicht nicht oder machte keine Angaben dazu.
Hinzu kommen ausgesprochen geringe Kenntnisse zu diesen Qualitätseinstufungen, auch wegen der schieren Menge der unterschiedlichen Klassifizierungen. Das trifft sowohl auf allgemeine Finanzratings zu, die Faktoren wie Bonität, Finanzstärke und Bilanzqualität beurteilen, als auch auf Siegel für die Nachhaltigkeit von Kapitalanlagen.
Jüngere Anleger sind interessierter an Ratings
In den jüngeren Altersgruppen tendieren mehr Menschen dazu, sich von Ratings beeinflussen zu lassen, im Vergleich zu älteren Personen. Die Studienautoren sind der Ansicht, dass im Laufe der Erwerbsbiografie größere Spielräume für Finanzentscheidungen entstehen, wodurch die heutigen Jüngeren ihre Einstellungen auch auf spätere Kapitalanlagen übertragen könnten.
Allerdings sollte die Wirkung von Ratings und ähnlichen Klassifizierungen nicht überbewertet werden. Obwohl eine kleine Anzahl von Befragten angibt, dass Ratings ihre letzte Investitionsentscheidung beeinflusst haben, ist die Bedeutung dieses Kriteriums umstritten. Denn unter den jüngeren Personen, die Ratings häufiger berücksichtigen, gibt es eine Mehrheit, die angibt, ihre Entscheidung auch ohne Kenntnis des Ratings getroffen zu haben.
Anders ausgedrückt: Das Vorhandensein dieses Qualitätsmerkmals war möglicherweise gar nicht erforderlich. Erst im höheren Alter neigen Investoren, die sich an externen Bewertungen orientieren, stärker dazu, ihre Entscheidungen davon beeinflussen zu lassen.
Geringer Bekanntheitsgrad von Ratings & Co.
Die geringe Berücksichtigung von Ratings, Sternen und Siegeln durch Anleger resultiert auch aus ihrer geringen Bekanntheit. 37 Prozent der Befragten in der Studie kannten keine einzige der zur Auswahl gestellten Ratingagenturen.
Mit zunehmendem Alter ist die Unkenntnis verbreiteter. Unter den Jüngsten konnten 20 Prozent mit keinem der Namen in der unterstützten Befragung etwas anfangen, während es unter den Ältesten 52 Prozent waren.
In Bezug auf die Siegel für nachhaltige Kapitalanlagen, die in der Studie separat untersucht wurden, besteht eine noch geringere Bekanntheit. Obwohl Nachhaltigkeit seit vielen Jahren ein viel diskutiertes Thema ist, kannte mit 54 Prozent die absolute Mehrheit keines der aufgeführten Nachhaltigkeitslabels für Finanzprodukte. Keines der Labels erreicht ein zweistelliges Bekanntheitsniveau. Das Siegel der ECOreporter GmbH, das es bereits seit über 20 Jahren gibt, war nur für fünf Prozent ein geläufiger Begriff. Ebenso erging es dem FNG-Siegel, das für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz verliehen wird, das nur von vier Prozent der Befragten erkannt wurde.
Die wichtigsten Kriterien für Anlageentscheidungen
Im Vergleich zu anderen Auswahlkriterien für Anlageprodukte haben Ratingbewertungen eine eher geringe Bedeutung für Investoren. An erster Stelle steht die Sicherheit der Kapitalanlage (56 Prozent), gefolgt von der Renditechance (33 Prozent). Danach kommen die Bekanntheit des Anbieters und seine Markenstärke (22 Prozent / 16 Prozent). Lediglich 13 Prozent betrachten ein Rating, Qualitätssiegel oder eine Bewertung durch Dritte als wichtiges Auswahlkriterium.
Abb Kriterien bei der Geldanlage der Deutschen
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