Die EU-Verordnung 2024/886 macht Echtzeitüberweisungen ab 2025 zum Standard. Institute müssen Technik, Compliance und Liquiditätssteuerung anpassen, um den neuen Anforderungen im Zahlungsverkehr gerecht zu werden.

Echtzeitüberweisungen verändern den europäischen Zahlungsverkehr grundlegend.
Seit 2017 sind SEPA-Echtzeitüberweisungen (Instant Payments) möglich. Dennoch blieb ihre Nutzung bisher überschaubar: Im zweiten Quartal 2024 lag ihr Anteil laut European Payments Council bei nur rund 19 Prozent des gesamten SEPA-Überweisungsvolumens. Mit der am 8. April 2024 verabschiedeten EU-Verordnung 2024/886 wird sich das ändern. Ziel ist es, Echtzeitüberweisungen als verbindlichen Standard im europäischen Zahlungsverkehr zu etablieren.
Die Regelung verpflichtet alle Kredit-, E-Geld- und Zahlungsinstitute, die SEPA-Überweisungen anbieten, künftig auch in der Lage zu sein, diese in Echtzeit zu empfangen und zu versenden. Für Institute bedeutet dies, dass ab Januar 2025 der Empfang und ab Oktober 2025 der Versand von Echtzeitüberweisungen verpflichtend wird.
Zentrale Anforderungen der Verordnung
Die Vorgaben sind eindeutig: Eine Überweisung muss innerhalb von maximal zehn Sekunden beim Empfänger eingehen – und zwar jederzeit, rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr. Die Kosten für diese Überweisungen dürfen nicht höher sein als für herkömmliche SEPA-Überweisungen.
Darüber hinaus wird der IBAN-Namensabgleich verpflichtend: Der in der Überweisung angegebene Name muss mit der IBAN des Zahlungsempfängers übereinstimmen. Ebenfalls vorgeschrieben ist ein harmonisiertes Sanktionsscreening, bei dem Institute täglich ihre Kundenlisten mit der EU-Sanktionsliste abgleichen müssen.
Technische Umsetzung ohne Ausfallzeiten
Die Einführung dieser Anforderungen erfordert weitreichende technische Anpassungen. Systeme müssen hochverfügbar und redundant ausgelegt sein, da Wartungsfenster oder Ausfallzeiten nicht mehr möglich sind. Auch bestehende Anbieter von Echtzeitüberweisungen müssen ihre IT-Landschaft entsprechend erweitern, um den neuen regulatorischen Standard zu erfüllen.
Zudem muss die technische Infrastruktur in der Lage sein, sekundenschnelle Prüfungen des Zahlungsempfängers und der Sanktionslisten durchzuführen. Dies betrifft sowohl die Softwarearchitektur als auch die Anbindung relevanter Schnittstellen.
Compliance-Anforderungen im Sekundentakt
Die Kombination aus kürzesten Abwicklungsfristen und verschärften regulatorischen Vorgaben stellt Compliance-Abteilungen vor neue Herausforderungen. Der Abgleich von IBAN und Empfängernamen muss technisch zuverlässig und in Echtzeit funktionieren, ohne den Zahlungsfluss zu verzögern.
Das Sanktionsscreening wird künftig nicht mehr transaktionsbasiert, sondern kundenbasiert durchgeführt – und zwar bei jeder Aktualisierung der EU-Sanktionsliste. Für viele Institute bedeutet dies, auch an Wochenenden und Feiertagen aktiv zu sein, um regulatorische Anforderungen einzuhalten. Eine hohe Datenqualität, beginnend beim Kunden-Onboarding und fortgeführt in laufenden KYC-Prozessen, ist dabei entscheidend.
Liquiditätsmanagement unter neuen Vorzeichen
Echtzeitüberweisungen heben das bisher etablierte Netting von ein- und ausgehenden Zahlungen auf. Dadurch steigt die untertägige Volatilität im Liquiditätsbedarf deutlich an. Zahlungen sind künftig jederzeit – auch an Wochenenden und Feiertagen – möglich, was zu unvorhersehbaren Kontobewegungen führen kann.
Institute sollten deshalb ihre Pufferstrategien anpassen, historische SEPA-Daten analysieren und eng zwischen Treasury, Zahlungsverkehr und Vertrieb zusammenarbeiten. Gegebenenfalls ist die Einrichtung von Bereitschaftsdiensten erforderlich, um Liquidität auch außerhalb der regulären Bankarbeitszeiten sicherzustellen.
Stresstests und Reputationsrisiken berücksichtigen
Mit der permanenten Zahlungsfähigkeit steigt auch das Risiko, bei technischen oder operativen Problemen in Echtzeit Reputation zu verlieren. An Wochenenden oder nachts können Zahlungsausfälle durch Social-Media-Dynamiken rasch zu Vertrauensverlusten führen.
In Stressszenarien sollten Institute deshalb Einlagenabzüge in Echtzeit, potenzielle Bank Runs sowie die besondere Rolle von Wochenenden und Feiertagen berücksichtigen. Eine Ausweitung der bestehenden Risikomodelle ist hier unverzichtbar.
Auswirkungen auf Produkt- und Preisstrategien
Da Echtzeitüberweisungen keine Zusatzkosten verursachen dürfen, ist von einer hohen Kundennachfrage auszugehen. Produkte ohne Echtzeitzugriff, wie Fest- oder Tagesgeldkonten, könnten gezielt als Liquiditätspuffer eingesetzt werden.
Zudem sollten die durch Echtzeitüberweisungen entstehenden Zusatzkosten verursachungsgerecht in der internen Kostenrechnung berücksichtigt werden. Anreizsysteme, etwa durch Zinsboni oder spezielle Konditionen, können helfen, Abhebungen an Nicht-Bankarbeitstagen zu steuern.
Zusätzliche Melde- und Sicherungspflichten
Ab dem 9. April 2025 müssen Institute jährlich Entgelte für Überweisungen, den Anteil abgelehnter Transaktionen und weitere Kennzahlen an die zuständigen Behörden – in Deutschland die BaFin – melden. Der erste Bericht umfasst bereits den Zeitraum vom 26. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2024.
Für Zahlungsdienstleister, die keine Banken sind, gelten zudem neue Anforderungen an die Sicherung von Kundengeldern, beispielsweise durch Hinterlegung von Sicherheiten bei einer Bank oder über eine Versicherungspolice.
Blick nach vorn – mehr als nur Instant Payments
Die Umsetzung der EU-Vorgaben zu Echtzeitüberweisungen ist ein entscheidender Schritt für den europäischen Zahlungsverkehr. Doch die Regulierungsdynamik geht weiter: Bereits jetzt sind mit PSD3, der neuen Zahlungsdienstleistungsverordnung (PSR) und dem möglichen digitalen Euro weitere Projekte in Vorbereitung, die Institute vor zusätzliche Anpassungen stellen werden.
Wer sich frühzeitig vorbereitet, kann die Herausforderungen nicht nur erfüllen, sondern auch neue Chancen nutzen – etwa durch innovative Produktangebote, eine verbesserte Kundenbindung und den Ausbau wettbewerbsfähiger Zahlungsverkehrsdienstleistungen.
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