Wo fühlen sich Bankkunden derzeit unsicher und wie müssen Banken mit den aktuellen Bedürfnissen der Menschen umgehen? Drei Trends machen deutlich, worauf Banken im Jahr 2025 bei ihren Kunden achten sollten.

Um zu einer vertrauensvollen Kundenbeziehung zu gelangen, müssen Banken die Sorgen ihrer Kunden ernst nehmen.
Jahreswechsel gehören zu den Konstanten, bei denen es sich lohnt, etwas genauer hinzusehen und über die eine oder andere, größere und kleinere Frage unserer Zeit nachzudenken. Die Accenture Song Life Trends identifizieren und durchleuchten jedes Jahr globale, makro-kulturelle Trends, die Unternehmen Orientierung dabei geben sollen, auf die sich immer schneller wandelnden Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Kunden zu reagieren.
Drei Trends für Banken in 2025
In diesem Jahr sind es vor allem drei große Trends, die die Situation und gleichzeitig das Dilemma der Banken – und mehr noch ihrer Kunden – widerspiegeln:
- Die Folgen der Unsicherheit (Kosten der Unentschlossenheit),
- Die Ökonomie der Ungeduld,
- Die Wiederentdeckung der persönlichen Interaktion.
Die Folgen der Unsicherheit (Kosten der Unentschlossenheit)
Viele Menschen begegnen digitalen Transaktionen mit wachsender Skepsis, da sie Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von Online-Inhalten, der Echtheit von Produkten und der Glaubwürdigkeit von Bewertungen haben. Irreführende Informationen wie Fake News oder manipulierte Produktrezensionen tragen wesentlich dazu bei. Dieses Zögern kann zu einer geringeren Nutzung von Online-Finanzdienstleistungen und zu einer allgemeinen Zurückhaltung gegenüber digitalen Interaktionen führen.
Bankkunden sind aufgrund negativer Erfahrungen zunehmend skeptisch gegenüber Online-Inhalten. Hier müssen die Banken ansetzen.
Die Ökonomie der Ungeduld
Hier steht Schnelligkeit im Mittelpunkt – und damit auch die Ungeduld. Wir alle wissen um die zunehmend verkürzten Aufmerksamkeitsspannen. Das betrifft auch finanzielle Entscheidungen, selbst wenn sie weitreichende Folgen haben können. Es ist zu beobachten, dass sich Kunden zunehmend den sozialen Medien und alternativen Quellen zuwenden, wenn es um eine schnelle finanzielle Beratung oder einen kurzen Weg zu Informationen geht.
Schnell und bequem: Immer mehr Bankkunden wenden sich in Finanzfragen den sozialen Medien zu. Videos und Blogs werden immer beliebter.
Dieses Problem verschärft sich besonders bei traditionellen Banken. Sie hatten über die letzten zwei Jahrzehnte nicht selten Schwierigkeiten mit der Einfachheit und Bequemlichkeit, die alternative Plattformen zu Finanzfragen bieten, mitzuhalten. Es kommt also teilweise zu einer weiteren Abwanderung von traditionellen Banken. Zudem unterstreicht dieser Trend eine weiter zunehmende „Beratungslücke“, in der Kunden traditionelle Institutionen zugunsten einer schnelleren, wenn auch manchmal weniger zuverlässigen Beratung umgehen.
Die Wiederentdeckung der persönlichen Interaktion
Wie die letzten zwölf Monate zeigen, rücken Verbindungen von Menschen untereinander und mit ihrer Umgebung wieder stärker in den Vordergrund. Um in der schnelllebigen Welt von heute resilient und erfolgreich zu bleiben, muss man sich (wieder mehr) Zeit nehmen – Zeit, um abzuschalten, nachzudenken oder einfach nur für sinnvolle Aktivitäten im realen Leben.
Die Life-Trends zeigen: Die reale Welt wird wichtiger als Online-Angebote. Auch Bankkunden wenden sich verstärkt physischen Erlebnissen zu.
Insofern ist dieser Trend eng verbunden mit den ersten beiden und stellt gleichzeitig einen starken Gegenpol dar. Entgegen der Schnelligkeit, Unmittelbarkeit und Bequemlichkeit einer digitalen Interaktion spüren viele Menschen eine starke Sehnsucht nach Naturverbundenheit und Interaktion mit der realen Welt. Gleichzusetzen mit einem „Zurück in die Filialen“ ist es jedoch nicht.
Was machen wir daraus?
Das goldene Versprechen unserer Zeit ist eigentlich ein großes Dilemma, sowohl für die Menschen als auch die Unternehmen. So besitzen wir auf der einen Seite nahezu unendliche (digitale) Möglichkeiten. Das gesamte Wissen und viele Fähigkeiten der Welt liegen in unseren Händen. Auf der anderen Seite gibt es wesentliche Limitierungen durch begrenzte Zeit, Energie und Aufmerksamkeit, die wir darauf verwenden können. Die drei großen Trends 2025 zeigen, dass Menschen zunehmend zögerlich gegenüber dem Angebot vieler Banken sind, schnelle Beratung und Lösungen suchen und dabei mehr Wert auf authentische Interaktionen legen. In aller Kürze bedeutet das für Banken, dass sie auf diese Entwicklungen reagieren müssen, indem sie ihren Kunden umgehend relevante Informationen und Selbstbedienungstools bereitstellen. Nur so können sie die Kundenbindung stärken und ihre Position als vertrauenswürdige Anlaufstelle für fundierte Finanzberatung langfristig sichern.
Aber was braucht es eigentlich heutzutage und in den kommenden Jahren, wenn Kunden finanzielle Entscheidungen treffen?
Finanzbildung verbessern
Eine Finanzbildung, um Grundkenntnisse zu verstehen und sich über aktuelle Trends und Entwicklungen zu informieren. Früher war hier ein erster Bezugspunkt die Familie und dann die Bank. Heutzutage beziehen die Menschen ihr Wissen eher aus Social Media, Blogs, Podcasts etc.
Bewusstsein schaffen
Ein generelles Bewusstsein, dass es wichtig ist, sich um Finanzen zu kümmern, verbunden mit der Fähigkeit, Ziele zu formulieren und diese ins Auge zu fassen. Menschen fällt es zunehmend schwer, Finanzentscheidungen von heute mit Konsequenzen in der Zukunft zu verbinden. Das spiegelt sich nicht nur in den Themen Rentenlücke und Strategien gegen die Inflation wider sondern auch gesellschaftlich sehr relevanten Themen wie Gender Pay Gap, unbezahlter Sorgearbeit und Teilzeit (meist) für Frauen. Die individuelle Persönlichkeit und der Lebenskontext sind für die Entscheidungsfindung ausschlaggebend, nicht jedem fällt es leicht sinkende Kurse auszusitzen und langfristig zu denken. Partner und Bezugspunkte für Menschen sind hier Freunde, Familie, Social Media .
Budgets einführen
Budgets planen und kontrollieren, z.B. durch Automatisierungen. Hier ist der erste Bezugspunkt zwar heute nach wie vor die Bank. Allerdings darf man nicht unterschätzen, dass Entscheidungen doch zunächst am (virtuellen) Küchentisch erprobt und dann übertragen werden.
Finanzbildung adressieren
Nutzbares Wissen und Anpassungsfähigkeit, die auf der grundlegenden Finanzbildung aufbauen und Themen wie Investieren, Diversifizieren, Risikomanagement adressieren. Dazu gehört auch die Fähigkeit, neue Chancen zu erkennen – etwa im Bereich von Kryptowährungen, nachhaltigen Investments oder KI-Technologien. Ebenso wichtig ist die Bereitschaft und Kompetenz, aus Fehlern zu lernen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Bezugspunkte sind hier wieder eher Freundschaften, Familie, neue (KI) Tools, Social Media etc.
Rolle der Banken
Besonders spannend sind bei Fragen hinsichtlich der Finanzen zwei Aspekte: Von den vier genannten Bereichen, die für die Entscheidungsfindung von Bedeutung sind, nehmen Banken nur in einem eine zentrale Rolle ein: der Planung und Kontrolle von Budgets. In den anderen dominieren das persönliche Netzwerk und Impulse aus Technologie und Social Media die Meinungs- und Entscheidungsfindung. Zweitens haben die klassischen Bankprodukte, die Banken traditionell in den Vordergrund stellen, für viele Kunden kaum Relevanz. Ihre Bedürfnisse und Absichten gehen weit über konkrete Bankprodukte hinaus und sind oft weniger spezifisch. Zudem sind die Entscheidungswege und Motive der Kunden äußerst vielfältig und individuell geprägt. Allein der Unterschied zwischen Frauen und Männern in Bezug auf jeweilige Bedürfnisse, Motivationen und Wege zur Entscheidung ist massiv und wird von den meisten Banken nicht vollumfänglich berücksichtigt.
Aus Kundensicht ist also eine Balance aus Wissen, Strategie und Weitsicht entscheidend, um finanziell sicher und erfolgreich zu sein. Die Intentionen, Quellen und Wege zu einer Entscheidung sind nahezu unendlich. Gleichzeitig wollen die Verbraucher schnelle, maßgeschneiderte Finanzlösungen und sind auch bereit, für ihre spezifischen Bedürfnisse verschiedenste Anbieter zu wählen.
Die Rolle der Banken sollte sich daher dahingehend wandeln, dass sie sehr viel serviceorientierter denken und dabei ihre Produkte in den Hintergrund stellen – dort machen sie ja bereits gute Arbeit. Banken müssen die individuellen Kundenbedürfnisse verstehen und durch flexible Lösungen erfüllen, indem sie Technologie mit einfühlsamen, menschenzentrierten Dienstleistungen kombinieren, um Engagement und Vertrauen zu stärken.
Apps schlagen Brücke zwischen Unsicherheit und Handeln
Die App und ihre Benachrichtigungen sind heute der wichtigste Touchpoint. Sobald Kunden eingeloggt sind, bietet die App eine sichere Umgebung, in der sie alle Informationen erstmal als vertrauenswürdig einstufen. Das ist eine starke Position, kann sie doch die Angst und das Zögern im Umgang mit Banken deutlich lindern. Zudem steckt darin noch ungenutztes Potenzial. Sollte es den Banken gelingen, diesen Kanal dahingehend auszubauen, dass er für die Kunden zur sichersten Verbindung zu wichtigen Institutionen wird, steigt nicht nur automatisch das Vertrauen. Kunden könnten in dem Fall auch eine höhere Bereitschaft entwickeln, mehr Daten von sich zu teilen und offener gegenüber zusätzlichen Services zu sein – nicht nur in naheliegenden Bereichen wie Digital ID, Passkeys etc.
Zudem ist es für Banken essentiell zu verstehen, dass für die meisten Kunden die App das eigentliche Produkt ist, nicht das Girokonto oder der Robo Advisor. Das sind nur Features innerhalb des täglich erlebten Bankproduktes. Hier spielt das richtige Maß an Personalisierung eine entscheidende Rolle. Denn zu viele Wahlmöglichkeiten können als nicht relevant und nicht vertrauenswürdig angesehen werden und dadurch wieder zu Momenten des Zögerns führen.
Keine Beratung ist auch kein Plan
Fast die Hälfte aller Kunden, geben an, nur über geringe oder grundlegende finanzielle Kenntnisse zu verfügen. Das wirkt sich auch auf die Beratung aus. Banken sollten daher bereits die Apps nutzen, um grundlegende Wissen zu vermitteln sowie die Neugier und den Bedarf nach mehr zu befriedigen. Dies ist ein erster, unausweichlicher Schritt, um das notwendige Vertrauen und dann im richtigen Moment überhaupt die Möglichkeit zu haben, Kunden von dem Mehrwert einer Finanzberatung zu überzeugen.
Der Schlüssel zu einem für beide Seiten als gut und werthaltig empfundenen Beratungsgespräch, z.B. in der Filiale, liegt also wieder in der App – sollte sich darauf aber nicht beschränken. Auch Kanäle wie Podcasts, Veranstaltungen oder die Kooperation mit Finfluencern kann hilfreich sein, um entweder Impulse für den ersten Schritt, zu einer Entscheidung oder eine umfassende Finanzberatung zu ermöglichen. Zudem verändert KI bereits heute die Art und Weise, wie Menschen Finanzinformationen und Beratung suchen. Banken müssen sich umso mehr darauf einstellen, dass Kunden mit vorrecherchiertem, teilweise auch falschem Wissen und unklugen Ratschlägen zu ihnen kommen. Die Moderationsaufgabe hierbei ist enorm und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, eines engen Kontaktes, der sich für beide Seiten lohnen kann.
Denn am Ende bleibt die alte Erkenntnis: Ist das Vertrauen erstmal etabliert, bleiben die meisten Menschen loyal und treu – gerade bei Finanzfragen und trotz der vielen Möglichkeiten. Das gilt auch in 2025, nur mit veränderten Spielregeln.