US-Zölle, geopolitische Spannungen und strategische Neuausrichtung: Wie deutsche CFOs Investitionspläne anpassen, Resilienz stärken und neue Chancen inmitten globaler Unsicherheiten erkennen – und nutzen.

Angesichts zunehmender geopolitischer Unsicherheiten reagieren die Unternehmen mit dem Aufbau von mehr Resilienz.
Nach den schwachen Geschäftsaussichten im Herbst des vergangenen Jahres blickten viele Unternehmen im Frühjahr zunächst vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Ein beschlossenes Fiskalpaket und die Aussicht auf eine baldige Regierungsbildung ließen hoffen, dass die Unsicherheit sinken und die deutsche Wirtschaft auf einen Wachstumspfad zurückkehren würde. In der aktuellen CFO-Umfrage von Deloitte lag der Indexwert für die Geschäftsaussichten zu diesem Zeitpunkt mit +4 Prozent wieder leicht im positiven Bereich.
Diese vorsichtige Erholung wurde jedoch am 2. April durch eine überraschende Ankündigung aus den USA erheblich belastet: Die US-Administration stellte reziproke Zölle in Aussicht – darunter 20 Prozent auf sämtliche Importe aus der EU. In der Folge verschlechterte sich die wirtschaftliche Stimmung deutlich. Der Indexwert für die Geschäftsaussichten fiel auf -25 Prozent. Besonders betroffen zeigten sich große Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz. Auch branchenbezogen traf es vor allem das Bankenwesen sowie die Transport- und Logistikbranche.
Zunehmende Unsicherheit durch geopolitische Risiken
Die Kehrtwende der USA in ihrer Handelspolitik verstärkte die ohnehin angespannte geopolitische Lage zusätzlich. Die ökonomische und finanzielle Unsicherheit, mit der sich CFOs konfrontiert sehen, erreichte ein neues Rekordhoch.
Diese Entwicklung spiegelt sich deutlich in der Risikobewertung wider: Zwar bleibt die schwache Inlandsnachfrage weiterhin das dominierende Risiko, doch geopolitische Spannungen gewinnen zunehmend an Bedeutung – besonders seit der Ankündigung der Zölle. Sie wurden von den CFOs sogar als wichtigster Risikofaktor eingestuft. Darüber hinaus stiegen auch die Sorgen hinsichtlich einer schwächeren Auslandsnachfrage sowie zu Wechselkursrisiken. Die Zölle könnten nicht nur die US-Nachfrage dämpfen, sondern auch die Rolle des US-Dollars als stabilisierende Weltwährung untergraben. Laut Umfrage sehen 69 Prozent der Unternehmen Absatzrisiken durch einen möglichen Handelskonflikt zwischen den USA und Europa, bei 17 Prozent sind auch die Lieferketten stark oder sehr stark betroffen.
Mehr Investitionen trotz Risiken
Interessanterweise führten die negativen Geschäftsaussichten nicht zu einem Rückgang der Investitions- und Beschäftigungspläne – im Gegenteil. Schon vor dem 2. April planten viele Unternehmen, ihre Investitionen zu erhöhen. Der entsprechende Indexwert lag mit +8 Prozent erstmals seit eineinhalb Jahren wieder im positiven Bereich. Nach der Zollankündigung stieg er sogar weiter auf +13 Prozent. Fast ein Drittel der befragten Unternehmen plant seither, mehr zu investieren. Auch die Beschäftigungspläne verbesserten sich: Während sie vor dem 2. April noch negativ waren, zeigen sie seither wieder eine positive Tendenz.
Im Mittelpunkt dieser Investitionen stehen Resilienz und digitale Transformation. Nachhaltigkeitsprojekte hingegen wurden häufig verschoben, und auch der Ausbau der Produktion wurde eher zurückgefahren. Die Unternehmen investieren also verstärkt in zukunftsorientierte und krisenfeste Strukturen – weniger in kurzfristiges Wachstum.
Investitionsfokus verschiebt sich zurück nach Deutschland
Parallel dazu hat sich auch der geografische Schwerpunkt der Investitionen verändert. Die US-Zollpläne beschleunigten den Trend zum sogenannten Reshoring – also zur Rückverlagerung von Produktionskapazitäten nach Deutschland. Vor dem 2. April planten 73 Prozent der CFOs, vornehmlich im Inland zu investieren. Danach stieg dieser Wert auf 80 Prozent. Im Gegenzug sank das Interesse an Investitionen in Nordamerika von 25 auf nur noch 19 Prozent.
Dieser Strategiewechsel hin zu mehr Resilienz und zur Konzentration auf den Heimatmarkt motiviert die Unternehmen zusätzlich, wieder vermehrt in Deutschland zu investieren. Als unterstützende Maßnahmen nennen CFOs insbesondere den Abbau bürokratischer Hürden sowie gezielte Förderungen für Zukunftstechnologien. Auch das geplante Maßnahmenpaket für Infrastruktur und Verteidigung spielt eine Rolle: Ein Drittel der Unternehmen sieht hierin einen Anreiz, aufgeschobene Investitionen wieder aufzunehmen.
Strategien für 2025: Transformation und Effizienz
Für das Jahr 2025 sehen CFOs geopolitische Spannungen weiterhin als zentralen Einflussfaktor. Sie wirken sich unmittelbar auf globalen Handel, Lieferketten, grenzüberschreitende Investitionen und das internationale Mitarbeiterangebot aus. Deshalb setzen Unternehmen neben der fortschreitenden digitalen Transformation zunehmend auf eine Kombination aus wachstumsunterstützenden und kostenoptimierenden Maßnahmen – sowohl auf funktionaler als auch auf Unternehmensebene.
Dabei zeigen sich nur geringe Unterschiede je nach Unternehmensgröße oder Branche. Lediglich der Mittelstand und Dienstleister legen verstärkten Fokus auf Wachstumsstrategien. Insgesamt leisten CFOs einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung der Resilienz ihrer Unternehmen: einerseits durch Optimierung der Kosten und Margen im Kerngeschäft, andererseits durch frühzeitige Identifikation neuer Wachstumspotenziale im volatilen Umfeld.
Bessere Vorbereitung auf geopolitische Risiken
Dank dieses verstärkten Resilienzfokus konnten die Auswirkungen geopolitischer Risiken im Vergleich zum Vorjahr besser abgefedert werden. Nur noch 26 Prozent der CFOs berichten, dass geopolitische Risiken ihre strategischen Ziele in den letzten zwölf Monaten stark beeinträchtigt haben – im Vorjahr waren es noch 57 Prozent.
Diese verbesserte Lage zeigt sich auch in der Selbsteinschätzung der Unternehmen: Mittlerweile geben 50 Prozent der CFOs an, dass ihr Unternehmen gut auf geopolitische Risiken vorbereitet ist. 2022 lag dieser Wert nur bei einem Drittel. Besonders häufig kommen Szenarioanalysen und Stresstests zum Einsatz, um besser vorbereitet zu sein. Darüber hinaus bleibt die Minimierung von Abhängigkeiten in Lieferketten und Absatzmärkten ein zentrales Ziel.
Empfehlungen für mehr Resilienz
Die neue geopolitische Risikolandschaft wird deutsche Unternehmen auch in Zukunft herausfordern. Doch es zeigen sich auch Wege, mit diesen Risiken aktiv umzugehen:
Passgenaue Resilienzstrategie
Geopolitische Risiken betreffen Branchen und Unternehmen auf sehr unterschiedliche Weise. Ein ganzheitlicher Resilienzansatz erfordert daher eine spezifische Bewertung der jeweils relevanten Bedrohungen. CFOs sollten primäre und sekundäre Risiken – etwa in der Lieferkette – identifizieren und entsprechend handeln.
Allianzen und Netzwerke stärken
Ein diversifiziertes Netzwerk aus Absatzmärkten und Lieferanten kann helfen, Abhängigkeiten zu reduzieren und neue Chancen in aufstrebenden Märkten zu erschließen. CFOs sollten bewusst auf Diversifikation setzen.
Neue Chancen nutzen
Geopolitische Umbrüche bieten nicht nur Risiken, sondern auch Potenziale für neue Märkte. CFOs sollten gezielt Chancen analysieren und Strategien entwickeln, um über den bloßen Krisenmodus hinaus zukunftsfähig und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Studie „CFO Survey Frühjahr 2025“ können Sie hier beziehen.
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