Eine aktuelle Analyse deutscher Portfolios zeigt ein beunruhigendes Ergebnis: Inländische Anleger verlieren das Vertrauen in den Standort Deutschland. Das angelegte Vermögen wandert massiv ins Ausland ab.
Immer mehr Anleger verlieren das Vertrauen in den Standort Deutschland und verlagern ihre Investitionen ins Ausland.
Die deutsche Wirtschaft verliert zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. Eine Studie des ZEW Mannheim kam bereits vor einem Jahr zu dem Ergebnis, dass Deutschland zu den größten Verlierern im globalen Standortwettbewerb zählt. Im Vergleich zu führenden Standorten in Nordamerika, Westeuropa und Skandinavien schneiden vor allem das regulatorische Umfeld, die Steuerbelastung und die Energiekosten schlechter ab. Hinzu kommt, dass die deutsche Infrastruktur zunehmend als Standortnachteil wahrgenommen wird.
Auch immer mehr Unternehmen prüfen, ihre Industrieproduktion ins Ausland zu verlagern.
- So zeigt eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dass vier von zehn Industriebetrieben diesen Schritt aufgrund hoher Energiekosten und bürokratischer Hürden durch die Energiewende in Betracht ziehen – bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ist es sogar mehr als die Hälfte.
- Laut einer Deloitte-Studie setzen in fünf Jahren nur noch 63 Prozent der Unternehmen ihren Investitionsschwerpunkt in Deutschland. Aktuelle sind es noch 82 Prozent.
- Einer EY-Studie zufolge beabsichtigen 45 Prozent, neue Standorte außerhalb Deutschlands aufzubauen, während nur 13 Prozent neue Standorte innerhalb Deutschlands planen.
Die Frage steht im Raum: Schafft sich der Standort Deutschland selbst ab?
Deutsche Anleger verlieren Vertrauen in den Standort
Auch deutsche Anleger reagieren auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Portfolios spiegeln langfristige Trends und kurzfristige Krisen gleichermaßen wider. Eine Analyse des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) und der Wealth-Management-Plattform QPLIX von mehr als 62.000 deutschen Portfolios zeigt eine deutliche Abkehr von Deutschland: 2023 machten Investitionen in deutsche Unternehmen erstmals weniger als ein Drittel (29 Prozent) der Portfolios aus. Zum Vergleich: Investitionen in den USA lagen bei 36 Prozent, der Rest Europas ohne Deutschland kam auf 31 Prozent.
Professionelle Vermögensverwalter verlagern zunehmend Kapital ins Ausland, wie die anonyme Auswertung zeigt. Neben der Kapitalverschiebung bietet die Studie Einblicke in die Zusammensetzung deutscher Depots, etwa bei Aktien, Anleihen, Währungen, ESG-Kriterien, Kryptowährungen und anderen Anlageklassen.
Die „Magnificent Seven“ prägen deutsche Portfolios
Besonders auffällig ist die Verschiebung bei den Einzelaktien: Der Anteil der „Magnificent Seven“, bestehend aus den globalen Tech-Giganten Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft, hat sich in den letzten sechs Jahren mehr als verdreifacht. Ihr Anteil an deutschen Aktienportfolios stieg von 4,1 Prozent auf 12,5 Prozent – ein Indikator für die Dominanz und Performance dieser Unternehmen.
Trotzdem spielen deutsche Aktien weiterhin eine wichtige Rolle, insbesondere aufgrund ihrer stabilen und hohen Dividenden. Interessanterweise ist der neue Favorit unter den Einzelwerten jedoch europäisch: Das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk überholte 2023 sogar die großen Tech-Titanen und ist zur beliebtesten Aktie der deutschen Vermögensverwalter aufgestiegen.
ESG: Moderate Ansätze statt radikaler Strategien
Das Thema ESG (Umwelt, Soziales, Governance) bleibt präsent, doch die Praxis sieht moderater aus, als es die mediale Aufmerksamkeit vermuten lässt. Die TMVV-Analyse zeigt, dass vor allem Unternehmen mit mittleren ESG-Ratings und Fonds nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung an Gewicht gewinnen. Statt konsequent radikaler Ansätze setzen Anleger zunehmend auf moderate Strategien wie ESG-Screening, Best-in-Class-Prinzipien oder gezielte Ausschlusskriterien.
Nordamerika legt zu, China verliert an Gewicht
Der Anteil Nordamerikas in deutschen Depots erreicht einen neuen Rekordwert von mehr als 44 Prozent. Deutsche Investitionen in Unternehmen aus dem Euroraum sinken dagegen unter ein Drittel.
Ein weiterer bemerkenswerter Trend betrifft die Gewichtung Chinas in deutschen Portfolios. Seit dem Zusammenbruch globaler Lieferketten während der Corona-Pandemie, Chinas aggressivem Auftreten gegenüber Taiwan und Handelsstreitigkeiten in der Automobilbranche wird der Anteil Chinas an Einzelaktien-Investments kontinuierlich reduziert.
Fazit: Wandel in unsicherem Umfeld
Die Daten zeigen, dass sich deutsche Anleger zunehmend von heimischen Investments abwenden und international diversifizieren. Dabei gewinnen besonders technologische Innovationen und stabile Märkte an Bedeutung, während Standorte wie Deutschland und China mit strukturellen Problemen zu kämpfen haben. Es bleibt abzuwarten, ob und wie diese Herausforderungen bewältigt werden können, um langfristig das Vertrauen von Investoren zurückzugewinnen.
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