Wirtschaftliche Unsicherheit, gesellschaftlicher Wandel und technologische Umbrüche verändern die Baufinanzierung grundlegend. Welche neuen Rahmenbedingungen entstehen – und wie können Finanzierungsvermittler auch künftig relevant bleiben?

Die Baufinanzierung im Jahr 2035 wird schnell, individuell, datengetrieben und kundenzentriert sein.
Der Versuch, heute eine Prognose für das Jahr 2035 abzugeben, ist so herausfordernd wie notwendig. Denn natürlich lassen sich keine Details vorhersehen, aber eines ist gewiss: Die Art und Weise, wie Informationen ver- und übermittelt werden, wird sich grundlegend ändern. Das hat Auswirkungen auf Wissensstände, Kundenerwartungen und Kommunikationswege – wichtige Faktoren für die Beratung und den Abschluss einer Baufinanzierung.
Digitale Assistenten und KI verändern die Finanzwelt von Grund auf
Die technologische Entwicklung schreitet seit Jahren rasant voran und dieses Tempo wird sich noch erhöhen. Die treibende Kraft wird vor allem die künstliche Intelligenz (KI) sein. Digitale Assistenten, die heute in ihrer Generalisierung noch alles und nichts beantworten, werden sich spezialisieren – darunter auch sogenannte Finanzbots, die speziell auf Baufinanzierungsfragen trainiert sind.
Diese digitalen Assistenten werden in der Lage sein, den Kundinnen und Kunden nicht nur allgemeine Informationen zu liefern, sondern individuelle Finanzierungskonzepte zu entwickeln. Das beginnt bei der Wahl des richtigen Zinsmodells und endet bei maßgeschneiderten Sondertilgungsoptionen, die auf persönliche Lebensereignisse abgestimmt sind. Wer etwa zum Zeitpunkt der Finanzierungsanfrage weiß, dass in acht Jahren eine Lebensversicherung zur Auszahlung kommt, erhält dann automatisch ein Finanzierungsangebot, das exakt auf diese Umstände und diesen Zeitpunkt optimiert ist.
Das Kundenverhalten wandelt sich radikal
Kundinnen und Kunden geben sich zukünftig nicht mehr mit unflexiblen Öffnungszeiten oder einer langwierigen Terminfindung für eine Beratung zufrieden. Schon heute ist ein klarer Trend erkennbar: Der Gang zu einer Bankfiliale wird zur Ausnahme, digitale Prozesse zur Norm. In Zukunft integriert sich die gesamte Interaktion mit Finanzierungsanbietern in den Alltag der Kundschaft. Die Beratung findet dort statt, wo sich die Menschen ohnehin aufhalten – in ihren Wohnungen, auf dem Weg zur Arbeit im autonomen Fahrzeug oder abends entspannt auf dem Sofa.
Dabei wird Zeit zur wertvollsten Ressource. Wer 2035 mit seiner Zielgruppe erfolgreich kommunizieren will, muss bereit sein, in deren individuellen Tagesablauf zu passen – sei es um halb acht Uhr morgens per Videoschalte oder später nach Feierabend.
Beratung wird zum Coaching – das Berufsbild verändert sich grundlegend
Mit der Digitalisierung verändert sich auch das Berufsbild der Finanzierungsberatenden. Die Zeiten, in denen sie lange Gespräche führen mussten, um Grundlagen wie den Unterschied zwischen Soll- und Effektivzins zu erklären, gehören der Vergangenheit an. Diese Aufgaben übernimmt künftig der digitale Assistent. Die Kaufinteressierten der Zukunft sind deutlich besser informiert, zielgerichteter und fordernder.
Der Fokus der Berater-Rolle wird sich vom klassischen Erklären immer weiter entfernen und hin zum Coaching entwickeln: Kundinnen und Kunden werden durch sie emotional abgeholt, ihnen wird Sicherheit vermittelt und sie werden von ihren Coaches genau dort unterstützt, wo die Technologie noch nicht alles leisten kann. Diese Form der Beratung ist nicht mehr auf Masse, sondern auf Qualität ausgerichtet. Gleichzeitig werden die Gespräche deutlich kürzer, präziser und individueller. Aus dem 90-minütigen Beratungsgespräch entwickelt sich eine zehnminütige Validierung – mit maximaler Wirkung.
Skalierbare Beratung und technologische Exzellenz als Schlüssel zum Erfolg
Um den kommenden Herausforderungen gerecht werden zu können, müssen sich Vermittlungsunternehmen jetzt strategisch neu aufstellen. Wer im Jahr 2035 relevant sein will, muss sich auf eine vollständig digitalisierte Prozesskette einlassen. Bereits heute arbeiten wir bei Dr. Klein mit Tools wie Sofortentscheidung und Kontoübersicht von Europace. In vielen Fällen dauert es schlichtweg zu lange, bis eine Kreditentscheidung zustande kommt – die Produkte beschleunigen diesen Prozess und bringen Kaufinteressierte durch eine digitale und automatisierte Objektbewertung und Bonitätsprüfung schneller in die eigenen vier Wände.
Das Ende der Fahnenstange hinsichtlich automatisierter Kontoauswertung, KI-gestützter Selbstauskunft und digitaler Objektbewertung ist längst nicht erreicht. Hier kontinuierlich neue Lösungen zu finden, die Prozesse vereinfachen und beschleunigen, bedeutet die Eintrittskarte in den Markt von morgen. Das Ergebnis ist eine skalierbare, effiziente Beratung, die auch mit weniger Personal eine wachsende Kundenzahl bedienen kann. Denn eines ist ebenfalls absehbar: Die Zahl der Beratenden im Markt wird in den kommenden Jahren durch demografische Faktoren sinken.
Individualisierung statt Produkt von der Stange
Nicht nur Prozesse werden sich stetig erneuern, auch das Produktangebot selbst wird sich grundlegend verändern müssen. Die Kundschaft von morgen erwartet keine standardisierten Darlehen mit starren Parametern, sondern Lösungen, die sich flexibel an persönlichen Lebenssituationen ausrichten. Während heute Sondertilgungsoptionen noch pauschal angeboten werden, wird es künftig möglich sein, präzise Summen zu vereinbaren – exakt zum gewünschten Zeitpunkt. Auch temporäre Tilgungspausen, Laufzeitverlängerungen oder flexible Zinsmodelle werden Bestandteil individueller Angebote sein.
Der Schlüssel dazu liegt in der Datenverfügbarkeit und deren Verarbeitung. Die persönliche KI-Assistenz weiß, wann die Kundin oder der Kunde welchen Betrag zur Verfügung hat, kennt die Risikoneigung und langfristigen Pläne – und kann daraus das passende Finanzierungsmodell ableiten.
Herausforderungen durch Regulierung und langsame Systemadaption
So groß die technologischen Potenziale auch sind, so gravierend sind die Hürden, die durch regulatorische Prozesse entstehen können: automatisierte Bearbeitung von Grundbucheinträgen, digitale Notariatsverfahren oder KI-gestützte Bonitätsanalysen sind technisch längst realisierbar, scheitern aber oftmals an gesetzlichen Vorgaben oder an der Trägheit der Verwaltungsstrukturen. In vielen Fällen wird es also nicht die Technik, sondern die Gesetzgebung sein, die Innovation ausbremst.
Hinzu kommt, dass nicht alle Kundengruppen die neuen Möglichkeiten gleichermaßen nutzen werden. Es wird auch 2035 noch Menschen geben, die sich gegen die digitale Freigabe ihrer Daten entscheiden. Diese Kundinnen und Kunden zu bedienen, wird deutlich aufwändiger und kostenintensiver sein – und daher für viele Anbieter nicht mehr wirtschaftlich.
Marktkonsolidierung als logische Folge der Entwicklung
Im Zuge dieser Veränderungen wird es zu einer deutlichen Marktkonsolidierung kommen. Kleine Anbieter, die technologisch nicht Schritt halten können, haben es schwer, sich alleine zu behaupten. Auch auf Bankenseite ist eine Konsolidierung unausweichlich. Die Zahl der Sparkassen, Genossenschaftsbanken und regionalen Anbieter wird in den nächsten Jahren weiter sinken. Übrigbleiben große, technologisch starke Plattformen und Produktgeber, die den Wandel nicht nur mitgehen, sondern ihn aktiv gestalten. Der Wettbewerb entscheidet sich immer weniger über Filialnetz oder Markenbekanntheit, sondern verstärkt über Effizienz, Individualisierung, Usability und Kundennutzen.
Eine neue Effizienz: Weniger Menschen, mehr Wirkung
Der Mangel an qualifizierten Beraterinnen und Beratern ist nicht nur ein Risiko, sondern auch eine Chance. Automatisierung und KI machen es möglich, dass eine kleinere Zahl an künftigen Coaches eine größere Zahl an Kundinnen und Kunden betreuen kann – und zwar besser, schneller und flexibler als bisher. Das Beratungsgespräch der Zukunft dauert keine Stunde mehr, sondern oft nur wenige Minuten.
Daraus ergibt sich eine neue Effizienz, bei der Qualität und Quantität kein Widerspruch sind. Gleichzeitig wird die Beratung menschlicher – weil sie sich auf das konzentriert, was Maschinen nicht können: Die Coaches haben Einfühlungsvermögen, sie begleiten die zukünftigen Immobilienbesitzer individuell bei ihrer Finanzierungsentscheidung und sorgen für Vertrauen im Kaufprozess.
Zukunft ist nicht optional – sondern Gegenwart mit Weitblick
Die kommenden Jahre sind entscheidend dafür, ob Unternehmen im Jahr 2035 noch am Markt existieren – und wenn ja, in welcher Rolle. Wer heute nicht investiert – in Technologie, in Menschen, in Strukturen – wird nicht überleben. Die Veränderung ist nicht aufzuhalten, sie ist Realität. Der einzige Weg, ihr zu begegnen, ist der beherzte Schritt nach vorn.
Die gute Nachricht: Der Wandel ist gestaltbar. Die bessere: Wir sind bereits mittendrin. Was heute als Innovation gilt, ist morgen bereits Alltag. Und was wir heute vorbereiten, entscheidet über unseren Platz in der Baufinanzierung von morgen.
Fazit: Vermittlung neu gestalten
Die Baufinanzierung im Jahr 2035 wird schnell, individuell, datengetrieben und kundenzentriert sein. Finanzierungsvermittler, die heute damit beginnen, ihr Modell um- und sich technologisch gut aufzustellen sowie ihr Beratungsverständnis zu transformieren, werden am Markt bestehen. Sogar mehr als das: Sie werden das Umfeld gestalten.
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