Die zu Beginn des Jahrzehnts spürbare Aufbruchstimmung bei der nachhaltigen Transformation ist einer nüchternen Betrachtungsweise gewichen. Eine Studie stellt sieben Stellhebel für die Anpassung der Nachhaltigkeitsstrategie an die veränderten Rahmenbedingungen vor.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit verbinden.
Geopolitische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren produzieren derzeit zahlreiche Herausforderungen. Doch auch in Zeiten der Multikrise legen Unternehmen nach wie vor großen Wert auf eine nachhaltige Transformation. Allerdings berücksichtigen sie dabei verstärkt die Wirtschaftlichkeit. Dies geht aus einer Studie von Bain & Company und dem FUTURE Institute hervor.
Nachhaltigkeit muss sich rechnen
Laut der Befragung sind 60 Prozent der Teilnehmer mit dem Fortschritt der bisherigen Zielverwirklichung in ihrem Unternehmen zufrieden, 30 Prozent sogar sehr zufrieden. Nachhaltigkeit sei mittlerweile in vielen Unternehmen ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie, wobei solche Projekte jedoch denselben Kriterien unterliegen müssen wie andere Investitionen.
So sind bislang viele private und gewerbliche Kunden nur begrenzt gewillt, einen höheren Preis für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu akzeptieren. Nachhaltigkeit muss daher bezahlbar sein, um zu wirken.
Bezahlbare Nachhaltigkeit eröffnet Unternehmen allerdings zahlreiche Chancen. Mehr als drei Viertel der an der Studie teilnehmenden Unternehmen konzentrieren sich bei ihrer Transformation darauf, neue Geschäftsfelder und Märkte zu erschließen. Dies umfasst eine breite Palette von Maßnahmen, von der verstärkten Vermarktung ökologisch nachhaltiger Produkte über eine stärkere Ausrichtung des Portfolios an ESG-Kriterien bis hin zum Aufbau eigener Tochtergesellschaften in Bereichen wie Kreislaufwirtschaft oder nachhaltiger Beratung. In Bezug auf den damit verbundenen Wandel fühlen sich die Befragten intern gut aufgestellt, wobei Nachhaltigkeitsteams und Governance überwiegend als effektiv und wirkungsvoll wahrgenommen werden.
Regulierung führt zu Verdruss
Die zunehmende Regulierung erfordert immer mehr Zeit und Ressourcen. Besonders kritisiert wird das auf EU-Ebene eingeführte CSRD-Reporting (Corporate Social Responsibility Directive) aufgrund seiner umfangreichen Vorgaben. Als weitere Hindernisse für eine stärkere Nachhaltigkeit sehen die Führungskräfte den schwindenden gesellschaftlichen Rückhalt, bedingt durch veränderte Prioritäten im Zuge der Multikrise.
Die Studie identifiziert jedoch auch potenzielle Treiber für einen beschleunigten Wandel. Dazu gehört neben technologischen Innovationen und der Bereitstellung ausreichender öffentlicher und privater Kapitalressourcen auch eine höhere CO2-Bepreisung. Ein länderübergreifender, vorhersehbarer und kontinuierlich steigender CO2-Preis könnte laut Studie mehr bewirken als viele der oft schwer umsetzbaren regulatorischen Vorgaben.
Sieben Stellhebel für mehr Nachhaltigkeit
Die derzeitige Entwicklung der Regulierungen und des Kundenverhaltens erfordert, ebenso wie die anhaltende Multikrise, eine Überprüfung und Anpassung der Nachhaltigkeitsstrategien. Die Studie hat sieben Schlüsselfaktoren identifiziert, um sowohl die Ambitionen als auch die Geschwindigkeit der Umsetzung anzupassen und gleichzeitig Maßnahmen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit zu optimieren.
1. Fokus bewahren
Trotz der nachlassenden anfänglichen Begeisterung sollten Unternehmen ihre nachhaltige Transformation mit Entschlossenheit fortsetzen. In naher Zukunft werden klimaneutrale Geschäftsmodelle zunehmend zur „License to operate“ – sei es aufgrund der Nachfrage der Kunden, der Erwartungen von Stakeholdern und Kapitalgebern oder der Regulierungen, die klimaschädliche Geschäftsmodelle zunehmend verdrängen.
Es ist wichtig, sich nicht nur an den regulatorischen Anforderungen zu orientieren, sondern weiterhin eine klare Vorstellung von den Zielen zu haben und diese durch passende KPIs in allen Bereichen umzusetzen.
2. Strategie kritisch überprüfen und anpassen
Angesichts der aktuellen Krisen sollten Unternehmen ihre Gesamtstrategien und Ziele, insbesondere in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit, erneut hinterfragen. Bei neuen Marktchancen kann es sinnvoll sein, die Transformation noch schneller voranzutreiben, während in anderen Bereichen eine differenziertere Herangehensweise oder eine Konzentration auf besonders wertstiftende Nachhaltigkeitsaspekte ratsam sein könnte.
Eine quantifizierte Szenarioanalyse hilft dabei, die bestmögliche Strategie in einem ungewissen Umfeld zu entwickeln und neue Schwerpunkte zu setzen, etwa in Form konkreter Scope-3-Ziele zur CO2-Reduktion.
3. Vertriebschancen nutzen
Ein häufig genanntes Hindernis für die beschleunigte Transformation ist die vermeintlich fehlende Zahlungsbereitschaft der Kunden. Die Studie zeigt jedoch, dass bestimmte Kundensegmente durchaus bereit sind, für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu zahlen.
Was oft fehlt, ist eine gezielte Ansprache dieser Zielgruppen sowie eine entsprechende Ausstattung und Motivation des Vertriebsteams. Unternehmen, die hier frühzeitig aktiv werden, haben die Chance, einen Vorsprung in zukunftsträchtigen Märkten zu erlangen.
4. Technologische Innovationen vorantreiben
Leuchtturmprojekte zeigen, welche Potenziale die nachhaltige Transformation bietet. Besonders Unternehmen aus Deutschland und Österreich sollten ihre Innovationskraft weiter intensivieren, um etwaige Standortnachteile, wie höhere Energiepreise, auszugleichen.
Dabei sollten Unternehmen auf wissenschaftlich fundierte Ansätze setzen, beispielsweise durch Lifecycle Assessments, die die Umweltauswirkungen und die Energiebilanz neuer Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg analysieren.
5. Kooperationen eingehen
Die umfassende Transformation erfordert neue Kooperationen, teilweise auch mit Wettbewerbern. Es wird entscheidend sein, potenzielle Partner zu identifizieren und zu bewerten, welche Formen der Zusammenarbeit am erfolgversprechendsten sind. Das Spektrum reicht von produktbezogenen Kooperationen bis hin zu Akquisitionen, um die Transformation schneller voranzutreiben.
6. Kommunikation verbessern
Viele Unternehmen sind aufgrund der regulatorischen Anforderungen und der damit verbundenen Auditpflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit eher zurückhaltend. Dies bedeutet jedoch auch verpasste Chancen. Ehrgeizige Ziele und sichtbare Fortschritte bei ökologischen und sozialen Themen können die Arbeitgebermarke stärken und das Unternehmen vom Wettbewerb abheben.
Es gilt daher abzuwägen, ob die Vorteile einer transparenten Kommunikation die nötigen Ressourcen für die Erhebung und Überprüfung entsprechender Kennzahlen rechtfertigen.
7. Flexibilität bewahren
Die nachhaltige Transformation wird Unternehmen in Deutschland und Österreich noch viele Jahre beschäftigen. Angesichts der sich ständig verändernden technologischen Innovationen, des Kundenverhaltens und der regulatorischen Anforderungen ist es nicht ratsam, einen so tiefgreifenden Wandel auf Basis einer starren Strategie zu bewältigen. Vielmehr ist es wichtig, die Strategie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen.
Die kontinuierliche Anpassung wird erleichtert, wenn Unternehmen sich bewusst machen, welche Veränderungspunkte eine Umstellung erfordern, und Tools einsetzen, die die zugrunde liegenden Prozesse zumindest teilweise automatisieren.
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